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Die kleine Vietnamesin Thao

1. Zu Hause

„Thao!“

Ihre Mutter schien auf ihre Reaktion zu warten.

„Thao!“

Sie hasste diesen Namen. Es schien ihr so widersinnig zu sein, einen vietnamesischen Namen zu tragen, obwohl sie nur zu einem Viertel die Gene eines Vietnamesen in sich trug. Noch dazu in Deutschland, der Nation, wo man sofort in ein Kästchen der Vorurteilebox gesteckt wird, wenn man ausländische Züge hatte. War er allein nicht schon schlimm genug, bedeutete dieser Name auch noch Höflichkeit und Großherzigkeit. Thao musste grinsen, ihre Mutter verzweifelte jeden Tag an ihrer Gegenwart und sie sah keinen Grund dafür, es heute anders zu halten.

„Scheiße! Was willst du?“

Thao blickte aus ihrer Zimmertür hinaus in den Flur. Sie hielt die Tür nur einen Spalt weit geöffnet, sie wollte nicht, dass jemand in ihr Reich Einblick erhielt. Ihre Mutter war trotz ihrer fast vierzig Jahre eine sehr aparte Frau. Sie hatte feine asiatische Züge, einen kleinen Kussmund und leicht geschlitzte Augen. Sie war mit 1,60 m sehr klein, konnte sich aber mit ihrer Figur durchaus blicken lassen. Schmal gebaut und gerade einmal 50 Kilo schwer, nannte sie einen Körper ihr Eigen, den viele Frauen für perfekt hielten.

„Thao, ich gehe mit Rüdiger ins Kino. Ich wollte ihn dir kurz vorstellen.“

Thao hob die Augenbrauen. Es war nicht die Art ihrer Mutter, der Tochter freiwillig jemanden zu präsentieren, schließlich war sie es, die regelmäßig ihr Leben zur Qual machte. Thao kaute lässig auf ihrem Kaugummi, blies ihn auf und ließ die Blase mit lautem Knall platzen. Sie musste sich dazu aufraffen, dem fremden Mann entgegenzukommen.

„Schaust ein wenig aus wie ein Gestapomann, Rüdiger, nichts für ungut.“

Ihre Mutter warf ihr einen hasserfüllten Blick zu. Thao wusste genau, was er bedeutete. Es war ein Vorwurf, mit dem sie ihrer Tochter die Zerstörung des eigenen Lebens anlastete. Dabei hatte Thao nicht ganz unrecht. Rüdiger war ein Glatzkopf mit kleinen Augen und eingefallenen Wangen. Sein Körper war lang und dürr, er sah emotionslos und unsympathisch aus. Selbst sein Gang wirkte wieselhaft und schleichend. Der Typ antwortete dem Mädchen auf schleimscheißerische Art und Weise.

„Das nenne ich mal ein ausgefallenes Kompliment. Dafür schaust du um einiges besser aus, Thao.“

Der Blick ihrer Mutter hatte etwas Flehendes. Thao ignorierte ihn.

„Dazu gehört aber auch nicht viel, Rüdiger. Nimm´s mir ruhig übel.“

Sie übersah seine Hand, die er ihr reichen wollte, und wandte sich an ihre Mutter.

„Kann ich deinen Vibrator haben? Ich kann besser einschlafen, wenn ich vorher masturbiert habe.“

Ihre Mutter wurde rot vor Zorn, ihr Besuch dagegen verlegen.

„Warum tust du das, Thao?“

Ihre Tochter lachte.

„Weil ich geil bin? Warum denn sonst zum Teufel?“

Lachend schlug sie die Tür hinter sich zu, ihrer Alten hatte sie es gezeigt.

Sie hörte noch das Weinen ihrer Mutter und Rüdigers tröstenden Worte. Für sie aber war es wie ein Sieg. Sollte diese Frau doch zur Hölle fahren. Thao legte sich auf ihr Bett und starrte zum Fenster hinüber. Das Foto ihres Vaters stand auf dem Fensterbrett, es war schwarzweiß und in einen Rahmen aus dunklem Holz eingelassen. Sie schloss die Augen. Wenn sie sich anstrengte, konnte sie sich noch an ihn erinnern. Er hatte ein einzigartiges Lachen und eine heisere, kehlige Stimme. Er hatte immer zu ihr gehalten und sie vor allem beschützt. Sie war sein Mädchen und er hatte ihr das Gefühl gegeben, das einzige von Bedeutung für ihn zu sein.

Sie konnte sich noch an den Streit zwischen ihren Eltern erinnern und wie ihr Papa aus dem Haus gestürzt war, Fotos in seiner Hand. Es hatte anscheinend auch damals schon einen Rüdiger in Mutters Leben gegeben. Er hatte sich nicht von Thao verabschiedet, abgesehen von der Sterbemitteilung vor vier Jahren, hatte sie nie wieder etwas von ihm gehört. Sie suchte den Druck in ihrem Magen zu ignorieren, schob ihre Hand zwischen die Beine in ihr Höschen hinein und versuchte, sich damit auf andere Gedanken zu bringen.

Thao selbst war 1,74 m groß. Hatte mit sechzig Kilo eine sehr üppige Figur, mit relativ großen Brüsten und einem breiten, einladenden Becken. Ihre Mutter hatte ihr immer gesagt, dass sie eine deutsche Figur hätte und keinerlei Grazie oder Leichtigkeit einer Ostasiatin in sich tragen würde. Dafür hatte sie ein sehr hübsches Gesicht mit schwarzbraunen Augen, breite volle Lippen und feinen, nach außen hin leicht nach oben gewinkelten Augenbrauen. Ihre Augen waren fast die eines Europäers, man sah zweimal hin, um einen fernöstlichen Einschlag darin zu entdecken. Thao trug eine typische Punkfrisur mit rasierten Seiten und langen, schwarzen, aufgegelten Strähnen.

Thao seufzte. Sie dachte an den Vibrator und raffte sich auf, ihn zu holen. Sie nutzte oft dieses Unterhaltungsspielzeug ihrer Mutter und hatte sich sogar selbst mit diesem Gerät ihre Jungfräulichkeit genommen. Sie stelle ihn auf die maximale Stufe, sie wollte von dem Reiz ihrer Möse schlicht mitgerissen werden. Langsam hielt sie ihn an die Spitze ihrer Scham und stimulierte damit ihre Klit. Ihre beiden massiven Brüste hoben sich, während sie ihre Lungen mit Luft füllte. Ein tiefes Seufzen drang aus ihrem Mund, während ihre freie Hand über die linke Brust strich und mit deren Warze spielte.

Sie krampfte leicht, als sie den Vibrator ab- und in sich hineingleiten ließ. Sein knurrendes Geräusch passte nicht zu dem intensiven Gefühl, das er ihr vermittelte. Sie war nicht mehr weit von einem Orgasmus entfernt und so übte sie noch einmal mehr Druck auf ihren Kitzler aus, indem sie ihn, dabei tief in sich versenkt haltend, gegen den oberen Rand ihrer Scheide presste. Ein Schrei zerriss die Stille. Ihre Augen verdrehten sich, ihre Lippen bebten, Krämpfe schüttelten ihren Unterleib.

2. Heinrich

„Hey! Arschlochpenner! Wach auf!“

Thao sprang von ihrem Skateboard herunter und ging zum Sockel eines Betonträgers hinüber, der zu einer Straßenbrücke gehörte, die an dieser Stelle den Fluss überspannte. Ein Schlafsack war dort zu sehen, der langsam in Bewegung kam. Der Kopf eines Asozialen zeigte sich, unrasiert, zerzauste und schmierige Haare, vergilbte Zähne.

„Steh schon auf!“

Zur Aufmunterung trat sie ihm mit ihren hohen Schnürstiefeln leicht in die Seite und warf ihm eine Papiertüte hin.

„Hab dir was mitgebracht.“

Der Penner nickte, hustete den Schleim ab, der seinen Hals blockierte und nickte dem Mädchen dankbar zu.

„Hast du deinen Block dabei?“ Fragte er sie mit heiserer Stimme.

Thao warf ihm einen kleinen Zeichenblock hin, nach dem der vielleicht fünfzig Jahre alte, verwahrloste Mann griff.

„Thao! du nimmst dir nichts von dem, was ich dir beigebracht habe, zu Herzen, oder?“

Thao kaute auf ihrem Kaugummi und ließ eine Blase platzen.

„Was meinst du?“

Der Alte zeigte ihr enttäuscht das erste Blatt.

„Das ist schon pathologisch, was du hier zeichnest.“

Das Mädchen ließ sich neben ihn auf den Boden sinken.

„Ach Scheiß! Es ist super.“

Sie bewunderte die Teufelin, die einem Mann lachend das Herz aus dessen Brust herausgerissen hatte und es ihm in den Mund stopfte.

„Technisch vielleicht. Aber warum so was Grausames? Warum hasst du die Menschen so?“

Thao sah ihn an, als ob sie ihn für verrückt hielt.

„Ich muss dir wirklich erklären, warum
ich hasse?“

Sie schüttelte ungläubig ihren hübschen Kopf.

„Na weil ich auch einer bin.“

Sie spuckte ihren Kaugummi aus und nahm sich einen neuen aus der Brusttasche ihrer Lederjacke. Diese war über und über mit Stickern und Labeln aus der Deathpunkszene bedeckt. Dabei waren ihr die blutrünstigen, menschenverachtenden Motive wichtig und nicht unbedingt das Zeigen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Szene.

„Zeichne was für mich! Bitte! Als kleine Anerkennung für meine Geduld mit dir.“

Thao sah den Penner, der nun in seinem zerrissenen, roten Wollpullover und den speckigen, verdreckten Jeans neben ihr saß, mürrisch an.

„Oh Mann! Ich hab dir Essen gebracht, Heinrich.“

Der Penner hustete und legte dann seine Hand auf ihre Schulter. Das junge Mädchen schien kein Problem damit zu haben und beobachtete das träge vorbeiziehende Wasser des Mains zu ihren Füßen.

„Bitte! Ich zeige dir auch wieder was.“

Thao warf ihm einen fragenden Blick zu und sah, wie Heinrich Linien auf dem Block entstehen ließ. Es dauerte keine fünf Minuten und Thaos Abbild war zu sehen. Ihre konfrontierende Erscheinung in Lederjacke, schwarzem Top, mit dem durch eine Axt niedergestreckten Zombikopf, ihrem breiten, als Gürtel missbrauchten Patronengurt und den engen schwarzen Stoffhosen, die in ihren bis zu den Knien reichenden Schnürstiefeln steckten.

Thao ließ wieder ihre Blase knallen und leckte sich den Gummi von ihren Lippen.

„Nicht schlecht für einen Assi.“

Heinrich richtete seine blaugrauen Augen auf sie.

„Ich hoffe, du hältst dem Leben stand, Kleine.“

Thao zeigte ihm grinsend den Finger.

„Weißt du eigentlich, wie arschig das klingt? Das Leben muss mir standhalten!“

Heinrich schüttelte seinen dicken Schädel mit den verfilzten Haaren. Die Kleine hatte wirklich nicht mehr alle.

3. Penne

„Ich gehe jetzt!“

Thao warf einen kurzen Blick in das kleine Wohnzimmer, wo ihre Mutter an ihrem Arbeitsplatz saß. Sie lektorierte für einen Verlag Bücher und verdiente damit den Unterhalt für ihre Tochter und sich selbst. Sie wurde nicht gerade reich damit, aber bisher hatte sie sich und ihr Kind gut damit durchgebracht. Auch die Halbwaisenrente half, Thao ging ironischerweise sehr sorgsam damit um. Sie hatte es der Mutter versprochen, wenn sie selbst darüber verfügen durfte.

Ihre Mutter sah über die rechte Schulter hinweg rüber zu ihrer Tochter und nickte.

„Heute Abend kommt Rüdiger, kannst du uns ein paar Stunden geben?“

Im Gesicht ihrer Tochter war nur noch Leere.

„Kannst du dich nicht bei ihm vögeln lassen?“

Ihre Mutter warf den Kugelschreiber in die Ecke und brüllte los.

„Was ist los mit dir, Thao!?! Scheiße, wann lässt du mich endlich in Ruhe!?!“

Tränen standen der Mutter im Gesicht, die erschrocken über den eigenen Ausbruch zu sein schien. Sie wollte sich ihrer Tochter nicht mehr so verletzlich zeigen.

„Weiß nicht!“, antwortete die Tochter und knallte die Tür zu.

„Morgen, Thao!“

Das in schwarz gekleidete, bizarre Mädchen legte den Kopf schief, als sie an den beiden Typen vorbeirollte. Sie zeigte ihnen ihren ausgestreckten rechten Mittelfinger.

„Verpisst Euch, Ihr beiden Wichser!“ Rief sie zurück.

„Siehst du! Ich habe gewonnen.“

Karl seufzte.

„Hier!“

Er gab dem etwas dicklich und untersetzt wirkenden, blonden Jungen ein Zwei-Euro-Stück. Simon grinste. Karl hatte auf „Begeht Selbstmord, ihr Freaks!“ gesetzt.

„Was du an der findest, ich begreif es einfach nicht.“

Karl sah dem Mädchen schweigend nach, bis es an der Hauptstraße stehenblieb. Die Ampel war rot, sie musste warten.

Thaos Augen blitzten zu Karl hinüber. Sie schien zu überlegen, ob sie ihm noch einen Spruch setzen sollte. Er hielt ihrem Blick stand, bis sie endlich ihr Skateboard auf die Straße knallen ließ und weiterfuhr.

„Du bist wirklich nicht ganz dicht, Karl. Die ist doch wie die Pest. Lass die Finger von der, denk an Salim!“

Karl musste wirklich an den Schulkameraden denken, er war der einzige Typ aus dem Jahrgang, den Thao an sich herangelassen hatte. Nicht etwa als Freund und innerhalb einer Beziehung, sie hatte ihn, so erzählte man es sich, benutzt.

Salim hatte arabische Ursprünge und sah wirklich sehr gut und stattlich aus. Ein Kerl, den man als Junge dafür hasste, dass er so erfolgreich bei den Mädchen war. Er hatte Thao angesprochen und die hatte ihn tatsächlich mit zu sich nach Hause genommen. Salim hatte sich danach einem Freund anvertraut, schlimm für ihn, denn ein paar Wochen später hatte er sich mit ihm zerstritten. Sein Kumpel ließ es sich als Rache nicht nehmen, Salims Geschichte mit Thao an der Penne zum Besten zu geben, bei jedem, der sie sich anhören wollte.

Nichts schien sie gespürt zu haben. Der Araber hatte sie gevögelt mit aller Energie und Erfahrung, die er hatte, aber sie lag nur da und hatte ihm dabei zugesehen. Sie soll sogar während des Ficks auf ihre Uhr gesehen und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen darauf gewartet haben, dass er endlich fertig wurde.

Danach hatte sie ihn weggeschickt und einfach die Wohnungstür hinter ihm zugeknallt. Er selbst aber war total am Boden zerstört. Salim schien voller Selbstzweifel zu sein und hatte in den kommenden Wochen immer wieder versucht, ein neues Date mit ihr zu bekommen. Doch Thao kannte nur noch Spott und Hohn für ihn und demütigte Salim, wo sie nur konnte. Dieser sah es nach Wochen endlich ein und ließ enttäuscht von ihr ab. Sie schien ihm wirklich viel von seinem Männerstolz genommen zu haben.

Karl war trotzdem auf den Araber neidisch. Es gab für ihn keine andere Frau, als diese bösartige, introvertierte Punkerin. Thao war klug, hatte einen Eins-noch-was-Schnitt und schien mühelos zu lernen. Sie konfrontierte die Lehrer mit ihrer Faulheit, die keinerlei Folgen für ihre Noten zu haben schien.

„Ich frage sie. Scheißegal. Ich möchte es wenigstens einmal probiert haben.“

Karl war ein unauffälliger Typ von vielleicht 1,80 m Größe. Schlaksig, fast dürr, mit braunen langen Haaren und randloser Brille. Er galt als Träumer und Außenseiter, ähnlich wie Simon, in der Hierarchie der Klasse weit unten stehend.

„Kann ich mich zu dir setzen?“

Thao nickte dem dicken Mädchen zu. Sie war der einzige Mensch, den sie, abgesehen von Heinrich, in ihrer unmittelbaren Nähe tolerierte.

„Laber mich aber nicht gleich wieder voll, Amelie! Okay?“

Das dicke Mädchen mit den Pausbacken und furchtbar geschminkten Augen nickte heftig.

„Klar! Kennst mich doch.“

Thao stöhnte. Gerade weil sie „Doppelvollfett“ kannte, wusste sie, dass sie gleich losplappern würde.

„Meine Mama hat mir heute einen Gutschein für Hanson geschenkt. Hundert Euro! Wollen wir hingehen? Du darfst dir gern was aussuchen, Thao.“

Die Punkerin sah sie mit zusammen gekniffenen Augen und angewidert verzogenem Mund an.

„Ich würde mir lieber mit einem Teelöffel die Pulsadern öffnen.“

Amelie gackerte laut auf und stieß ihr in die Seite.

„Hahahahaha! Was du so wieder von dir gibst. Du tust immer so hart und unnahbar, aber das bist du nicht, das weiß ich.“

Thao schüttelte ungläubig ihren Kopf und holte ein kleines schwarzes Buch aus ihrer Jacke.

Amelie plapperte weiter, während Thao versuchte, sich in das Buch zu vertiefen. Sie duldete das dicke Weib an ihrer Seite nur, weil sie glaubte, dass dem „fetten Vieh“, wie sie auch genannt wurde, schon genug von Gott ins Leben geschissen wurde. Das Mädchen aß kaum etwas und wurde trotzdem immer dicker. Selbst Thao konnte nicht anders und hatte einfach nur Mitleid mit ihr. Insgeheim bewunderte sie das Mäd
chen sogar, das trotz dieser Tragik nicht aufhörte, Spaß am Leben zu haben.

„Jetzt!“

Simon starrte Karl erschrocken an.

„Was meinst du?“

Karl hielt auf die Bank zu, auf der die Punkerin, zusammen mit dem dicken Mädchen, saß.

„Was schon? Ich frage sie, ob ich sie ins Kino einladen darf.“

Simon zeigte ihm einen Vogel, folgte ihm aber auf Abstand. Karl hörte, wie sein Magen grollte, und spürte, wie ihm zittrig wurde. Thao sah einfach so geil aus und war auf martialische Art und Weise schön. Sie hatte ihn noch nicht bemerkt, sie rechnete wahrscheinlich nicht damit, dass sie es war, zu der er wollte.

Thao ging in die Parallelklasse. Er hatte also eigentlich nichts mit ihr zu schaffen. Dennoch war er schon zwei Jahre lang in sie verliebt. Dieses kühle, aber trotzdem hübsche Gesicht, ihre so einladenden Brüste, die kräftigen Schenkel, wie oft hatte er sie in Gedanken ausgezogen, wie oft war sie ihm in seinen Fantasien schon zu Diensten gewesen.

Drei Typen stellten sich jetzt neben ihre Bank. Zwar auf Abstand, aber sie würden es mitbekommen, wenn er sie fragte. Karl hatte sich eine bescheidene Situation ausgesucht, um sie anzusprechen. Er glaubte gar nicht an einen Erfolg, er wollte einfach nur seine Ruhe finden, wenn er für sich selbst Klarheit geschaffen hatte.

„Thao! Kannst du mal nicht gleich arschig sein und mir einfach zuhören?“

Thao löste sich von ihrem Buch und sah neugierig zu ihm hoch. Sie ließ eine Kaugummiblase knallen und blieb sonst ungerührt. Nur ihre fast schwarzen Augen gaben ihm ihre Neugierde preis. Sie hatte ihm wahrscheinlich solch eine Anmache nicht zugetraut. Karl war erstaunt, er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn soweit kommen lassen würde.

„Ich würde dich gern ins Kino einladen. Nur wenn du Lust dazu hast natürlich.“

Thao hob ihren Kopf und warf einen fragenden Blick zu Amelie hinüber, als ob sie deren Bestätigung brauchte, dass sie nicht von einem Trugbild genarrt wurde. Diese aber gackerte nur und verstummte erst nach ewig anmutenden Sekunden.

„Wie heißt du noch gleich, Arschkrampe?“

Karl biss sich auf seine untere Lippe, atmete tief durch, dann antwortete er ihr.

„Karl!“

Thao nickte.

„Erzähl mal, Karl! Warum sollte ich mit dir schmächtigem, ekligem Wicht ins Kino gehen? Ich meine, was versprichst du dir davon? Und vor allem, was sollte ich mir davon versprechen?“

Karl schloss für einen kurzen Moment die Augen, versuchte ihre Demütigungen zu überhören und das aufgeregte Gekicher der drei Typen auszublenden.

„Ich würde dir gern näherkommen.“

Thao nickte kurioserweise und schien nicht weiter zu spotten.

„Und aus welchem Grund?“

Karl ahnte, wohin das führte. Thao wollt ihn erniedrigen und bloßstellen. Trotzdem trieb ihn der Schimmer der Hoffnung, dass es nicht so sein könnte, weiter an.

„Ich finde dich hübsch.“

Thao lachte auf.

„Ja und ich finde dich scheiße hässlich. Tut mir ja leid für dich, Karl.“

Er war selbst schuld, warum musste er sich auf diese Art und Weise selbst demütigen? Er wandte sich ab und wollte zu Simon zurückgehen, der aus der Ferne die grausame Abfuhr miterlebt hatte.

„Warte nochmal, Karl!“

Er blieb zögernd stehen. Er kannte solche Spiele, es war ihr nicht genug gewesen. Er riss sich zusammen und drehte sich noch einmal zu ihr um.

„Hättest du mich gern gefickt?“

Karl konnte es nicht verhindern, eine Träne lief seine Wange hinunter. Thao stand auf und kam ihm nach. Sie baute sich vor ihm auf und folgte mit ihrem Blick seiner Träne.

„Heulst du jetzt? Bist jetzt sauer auf mich? Schau mal, Karl, …“, sie kam näher, sodass nur noch wenige Zentimeter zwischen ihrem und seinem Gesicht lagen, „Du bist dürr, blöd anscheinend auch noch, schwächlich, dein Gesicht ist unterer Durchschnitt, schon evolutionär kommst du für mich nicht in Frage, verstehst du?“

Ihre schwarzen Lippen formten sich zu einem Grinsen, ihre Augen schienen ihn zu durchbohren.

Er atmete durch und zog ihr kraftvoll seine rechte Hand durchs Gesicht. Karl sah, wie Thaos Gesicht von der Wucht seiner Ohrfeige zur Seite gerissen wurde, sich Erstaunen darin breitmachte und Sekunden vergingen, bis sie sich wieder gefangen hatte. Er bemerkte noch ihre Faust, den Knall gegen seine Nase, dann ging er zu Boden. Er spürte etwas Feuchtes in seinem Gesicht und dachte, es wäre sein Blut, ihm war nicht sofort klar, dass sie auf ihn heruntergespuckt hatte.

Sie wandte sich wieder von ihm ab und schien sich zurück zur Bank begeben zu wollen. Karl aber raffte sich mühsam auf und kam hinter ihr wieder auf die Beine. Er war nicht er selbst, als er hinter ihr herlief und sich mit seinem ganzen Gewicht gegen sie warf. Thao stürzte, er landete auf ihr und versuchte, sie auf den Boden zu drücken. Er sah sein Blut, wie es aus seiner, durch ihre Faust zerschlagene Nase in ihr Gesicht tropfte. Ihre Augen waren weit geöffnet. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sich noch einmal mit ihr konfrontieren würde.

Er spürte ihre Hand an seiner Kehle. Das Mädchen war kräftig, sehr kräftig sogar. Der Druck wurde stärker und ihm begann es zu schwindeln. Die Luft blieb ihm weg und so ließ er sie los. Sie stieß ihn brutal zur Seite und kletterte auf seinem Körper. Mit höhnischem Lachen schlug sie ihm eine Schelle nach der anderen ins Gesicht. Immer wieder, wie wahnsinnig. Zwei der Typen zogen sie schließlich von Karl herunter, der wie besinnungslos auf dem Boden lag. Dies hier war der furchtbarste Moment in seinem bisherigen Leben. Seine Brust hob und senkte sich, er sah zu den Gesichtern hinauf, die um ihn herumstanden und auf ihn hinunter gafften.
„Du Scheißwichser! Glaub nicht, dass das alles war.“

Er hörte Thaos Drohungen sich langsam entfernen.

Eine Lehrerin beugte sich zu ihm hinunter und untersuchte sein Gesicht.

„Simon! Bring Karl zum Arzt!“

Der blonde Junge nickte und half Karl beim Aufstehen.

„War ja ein voller Erfolg deine Anmache.“

Karl starrte ihn verwundert an, seine Nase und seine Wangen waren zerschlagen, sein T-Shirt voller Blut. Mit solch einer Intensität hatte er sich noch nie geprügelt, schon gar nicht mit einem Mädchen.

4. Unter der Brücke

„Heinrich? Penner!?“

Thao stellte ihr Skateboard auf, indem sie mit ihrem Stiefel, dessen Ende hinunterdrückte.

„Heinrich!?“

Sie hörte ein Rascheln im Gebüsch, als der Obdachlose endlich auftauchte.

„Wow! Wer hat dir denn die Kratzer verpasst?“

Heinrich hatte sich gerade erleichtert und knöpfte sich die Hose zu. Er schien echt besorgt zu sein. Das Mädchen indessen bohrte lässig in ihrer Nase und schnippte schließlich einen Popel zur Seite.

„Ein Vollidiot, der auf mich steht.“

Heinrich seufzte.

„Du hast ihn verprügelt?“

Thao nickte.

„Einen solchen Spasten habe ich vorher noch nicht erlebt. Der hat mir voll eine reingehauen, nur weil ich ihn ein wenig verarscht hab. Ich glaub es nicht.“

Sie hielt sich die Wange. Heinrich musste plötzlich lachen, seine gelben Zähne wurden sichtbar.

„Was?“

Sie sah wütend zu ihm rüber.

„Willst du auch ein paar?“

Der Penner lachte noch mehr, was einen unangenehmen Hustenreiz bei ihm auslöste. Thao konnte nicht anders und klopfte ihm auf den Rücken.

„Sag schon! Weshalb lachst du mich aus?“

Heinrich sah sie an und seine Mine wurde wieder ernster.

„Er hat dir imponiert, stimmt´s?“

Das Punkermädchen winkte ab.

„So ein Scheiß! Ich fand es geil, ihn zu prügeln.“

Heinrich glaubte ihr nicht. Sie schien in Gedanken noch bei der Schlägerei zu sein. Sie
war es gewohnt, dass die Menschen ihre Marotten hinnahmen. So aber ….

5. Neue Demütigung

„Und Alter? Geht es dir besser?“

Simon hatte gestern dabei zusehen müssen, wie dem Freund ein Riss über der Schläfe geklammert wurde. Ihm war jetzt noch schlecht von diesem Anblick. Überhaupt stellte er sich oft ziemlich weibisch an und Karl fürchtete insgeheim, dass sein bester Freund homosexuelle Tendenzen haben könnte. Ihm gegenüber hatte er nie etwas angedeutet, dennoch fragte er sich, wie er damit umgehen könnte, sollte Simon sich ihm in dieser Richtung offenbaren.

Karl nickte. Ihm tat immer noch das Gesicht weh und nachdem Thao ihn so stark gewürgt hatte, auch sein Hals. Karls Vater war Chirurg, seine Mutter Polizistin. Ein seltsameres Gespann von Eltern konnte man sich als Kind im Himmel kaum bestellen. Es waren beides herzliche Menschen und ihm gegenüber immer aufgeschlossen und verständnisvoll, dennoch konnten sie ihm zeit seines Lebens etwas nicht geben, was er so dringend gebraucht hätte. Eltern, die Zeit für ihr Kind hatten.

So hatte auch sein Vater gestern nur einen flüchtigen Blick auf die Wunde geworfen, fragte nach den näheren Umständen und gab sich schließlich mit dem Wenigen zufrieden, das ihm sein Sohn erzählt hatte. Seine Mutter war da anders. Sie wollte sofort jede Einzelheit wissen, vor allem aber, wer ihm das angetan hatte. Es kostete Karl viel Kraft und Zeit, um sie zu beruhigen und ihren Aktionismus zur Ruhe zu bringen. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wäre mit einem Überfallkommando in der Schule aufgetaucht. Es kam ihr nicht plausibel vor, dass ein Junge sich mal prügeln musste.

„Hast du Schiss?“

Karl sah seinen Freund fragend an.

„Vor wem?“

Simon stöhnte.

„Vor Angela Merkel!“

Karl grinste.

„Vor der besonders.“

Simon und er gingen immer denselben Weg zur Schule. Sie waren fast Nachbarn und sind zusammen aufgewachsen.

„Wenn du die blöde Kuh meinst …“

Karl wollte nicht an den gestrigen Tag denken. Es kostete ihn alle Kraft, heute zur Schule zu gehen.

„Ja, schon.“

Karl fühlte noch ihre Schläge in sein Gesicht knallen. Dieser brennende Schmerz, diese heftigen Erschütterungen seines Kopfes. Er hatte jetzt immer noch Momente, in denen er Sterne sah.

„Wollen wir lieber hinten rein? Wenn wir den normalen Weg nehmen, treffen wir sie gleich an der Straße.“

Simon war richtig besorgt. Wer weiß, ob sie nicht gleich wieder losprügeln würde. Dieses Mal war niemand da, der eingreifen konnte. Karl schüttelte den Kopf. Er wollte nicht feige sein. Nicht ihr gegenüber. So bogen die beiden Jungen in die letzte Straße ein, die zur Ringstraße führte, an deren gegenüberliegenden Seite ihre Schule stand. Hier trafen sie jeden Morgen auf das Mädchen, das sie verhöhnte und beleidigte.

„Scheiße Mann! Ich höre sie kommen.“

Karl hörte ebenfalls die Rollen ihres Skateboards, die bei jedem Überqueren einer Gehwegplattenfuge einen trockenen Ton erzeugten. Dieses Geräusch wurde nur langsam lauter, sie fuhr nicht im gewohnten Tempo.

„Wehe, du siehst dich zu ihr um!“, flüsterte Karl seinem Freund zu.

Sie war jetzt mit ihm auf gleicher Höhe, im Augenwinkel sah er ihren schwarzen Schatten. Sie sagte nichts und schien die beiden zu mustern.

Karl fiel das Atmen schwer. Er hatte Angst vor weiteren Demütigungen und Schmerzen. Was hatte er sich dabei gedacht? Warum glaubte er, sich mit so einer bescheuerten Tussi auseinandersetzen zu müssen? Hübsch? Charismatisch?

Er spürte einen harten Schlag am Hinterkopf, sein Schädel nickte nach vorne ein, während sie an ihm vorbeirollte.

„Morgen, du Spast!“

Sie sah nicht zurück. Rollte wie am Tag zuvor zur Ampel, während Simon neben Karl stand, der ihr ohnmächtig nachsah. Er konnte nicht anders. Weitere Tränen flossen, nicht aus Schmerz, sondern wegen der Schande. Wie sehr er es bereute. Warum hatte er sie nur angesprochen? Er sah ein paar Bekannte aus derselben Jahrgangsstufe. Sie trugen alle ein fettes Grinsen im Gesicht.

„Du hast was in den Haaren, Karl!“

Simon blieb stehen und sah genauer hin.

„Boah, was eine Schlampe. Sie hat dir einen Kaugummi reingeknallt.“

Karl fasste mit seiner Hand an seinen Hinterkopf. Tatsächlich verfingen sich seine Finger sofort in dem verklebten Haar.

„Kacke! Wie soll ich das rauskriegen?“

Simon konnte nicht anders, er musste lachen.

„Behalte es doch als Erinnerung! Schließlich ist es von ihr.“

Karl trat nach Simon, während er versuchte, den klebrigen Batzen aus seinen Haaren zu lösen. Etwas steckte noch darin, er spürte etwas Erhabenes, Komisches.

„Simon! Sieh mal nach! Da ist noch was.“

Der Freund zeigte ihm ein angewidertes Gesicht.

„Äh, Scheiße, Alter! Muss ich das wirklich?“

Karl keuchte. Sie würden zu spät zum Unterricht kommen.

„Mach jetzt!“

Simon fingerte in Karls Haaren herum, es sah ein wenig so aus, als ob ein Affe den anderen lausen würde.

„Du hast recht! Da klebt ne Silberfolie drin. Woah! Ist das widerlich.“

Simon reichte Karl ein klebriges, silbernes Klümpchen.

„Hier!“

Karl staunte. Was sollte das? Warum hatte sie denn das hineingetan?

Er fummelte die Folie auseinander, sie hatte einmal zu einer Zigarettenschachtel gehört. Es war ein Zettel in ihr eingebettet.

„Meine Nummer, Wichser. Wenn du dich traust … ruf an! Eisspray!“

Karl schwindelte. Was war das? Was sollte das? Er gab Simon den Zettel.

„Ach komm schon, Alter! Die verarscht dich doch. Die will dich nur weiter fertigmachen.“

Simon sah noch einmal auf den Zettel.

„Eisspray? Was meint sie damit?“

Karls Gedanken rasten.

„Keine Ahnung? Wo gibt es denn welchen?“

Simon hatte eine Schwester, die Eiskunstläuferin war, sie hatte oft Eisspray benutzt, um Muskelschmerzen zu lindern. Er müsste eigentlich in jeder Apotheke zu haben sein.

„Dort vorne ist eine Apotheke. Ich hab da schon eine Ahnung.“

Karl folgte Simon, er konnte sich immer noch keinen Reim darauf machen. Neben seinem Haarproblem, dachte er jetzt auch noch über ihre Nachricht nach und war schlichtweg überfordert. Er blieb vor dem Geschäft stehen, während Simon drinnen fragen ging.

„Hey! Damit kriegt man die Scheiße aus Deinen Haaren raus.“

Karl spürte eine unangenehme Kälte in seinem Genick, während Simon versuchte, den Kaugummi daraus zu lösen.

„Super! Es klappt.“

Simon konnte das Gröbste entfernen.

„Den Rest musste heute Nachmittag machen.“

Karl nickte.

„Danke, Alter. Los komm! Wir kriegen jetzt mächtig Stress von der Altmann.“

Sie liefen, so schnell es ihre schweren Taschen zuließen, die Straße zur Penne hinunter. Sie waren schon fast zwanzig Minuten überfällig.

Karl dachte aber nur noch an sie. Es war so schwer zu kapieren. Was wollte sie noch von ihm? Weiter quälen, wie Simon es vermutet hatte? Warum aber hatte sie dann den Eisspray erwähnt? Verdammt, er hätte sich zu Hause sonst den Schädel geschoren wegen ihr. Darauf hätte sie doch unbeabsichtigt nie verzichtet? Er seufzte und hielt den Zettel in der Hand. Ihre Handynummer und die Aufforderung waren in einer sauberen und gleichmäßigen Schreibschrift geschrieben worden.

Er sah zu der kräftig gebauten Lehrerin hinüber, die gerade aus dem Bellum Gallicum vorlas. Der Unterricht interessierte ihn sonst wenig und heute gar nicht. Er konnte sich nicht einmal auf die Witze seiner Klassenkameraden konzentrieren, die über die Pädagogin gerissen wurden. Die arme Frau trug viel zu enge Hosen und so sah man tatsächlich, wie die Naht zwischen ihren Beine
n in die Ritze eindrang. Es war mit das Absurdeste, was er je gesehen hatte. Er konnte es nicht glauben, dass ihr bis jetzt kein Mensch gesagt hatte, wie lächerlich und peinlich das aussah.

6. Unter der Brücke

„Und?“

Heinrich war gerade dabei eine Dose Corned Beef zu leeren und schaute dem Mädchen dabei zu, wie dieses mit kratzendem Geräusch ihr Skateboard zum Halten brachte.

Thao sah ihn genervt an und warf ihm ihren Skizzenblock hin.

„Hier! Erstick dran!“

Der Penner warf einen Blick darauf, für ihn ein klarer Fortschritt.

„Dein Baum ist wunderschön. Eine Eiche stimmt´s?“

Thao nickte.

„War offensichtlich, denke ich.“

Sie kaute lässig ihren Kaugummi und wartete geduldig auf seine weiteren Reaktionen.

„Der Hintergrund ist wirklich harmonisch und detailreich. Du hast dich sehr in das Motiv hineingefühlt.“

Das Punkermädchen kniete sich vor ihm nieder und warf einen Blick auf das Blatt. Der Obdachlose nahm einen weichen Bleistift und fuhr ein paar Linien nach.

„Hier! Wenn du die betonst, entsteht ein plastischerer Eindruck. Siehst du es?“

Thao nickte, überrascht über diese offensichtliche Verbesserung.

„Du kannst es noch ein wenig verwischen, wenn du einen B2 plus benutzt, nur dann die Fixierung nicht vergessen.“

„Okay, Heinrich.“

Der Penner seufzte.

„Die Früchte hätten nicht sein müssen, ich hätte auch so erkannt, dass es eine Eiche ist.“

Thao ließ wieder ihre Kaugummiblase platzen.

„Eicheln gehören doch zu einer richtigen Eiche, ich verstehe dein Problem nicht.“

Sie grinste.

„Es müssen nur nicht welche sein, die von Schwänzen abgerissen wurden, oder?“, meinte er mürrisch.

Ihm tat der Anblick richtig weh.

Thao lachte gehässig auf. Dabei ahnte sie, dass Heinrich es nur erwähnte, um ihr eine Freude zu machen. Er hatte sich längst an ihre Spielchen gewohnt. Er hustete und hielt sich ein Stück Zeitung vor seinen Mund. Das Mädchen hielt ihren Kopf schief.

„Was ist los? Ich habe dir doch die 10 Euro gegeben.“

Der Penner winkte ab.

„Geht schon wieder.“

Sie hob ihre Schultern, dabei machte sie sich um ihn Sorgen. Das ging schon über eine Woche so. Es hatte viel geregnet im letzten Monat, er hatte sich etwas eingefangen.

„Was hast du mit der Kohle gemacht? Versoffen nicht, da brauch ich bei dir keine Angst haben.“

Heinrich schaute verlegten zu ihr auf.

„Erik war vorgestern hier.“

Das Mädchen wurde zornig.

„Ich habe dir gesagt, du sollst dich von der Made fernhalten. Hat er es dir gestohlen?“

Heinrich winkte erschrocken ab.

„Beruhig dich, Thao! Er gibt es mir wieder, er hat es sich nur geliehen.“

Sie war außer sich.

„Wie blöde bist du eigentlich?“

Er sah ihr verstohlen dabei zu, wie sie vor ihm auf und ab ging. In diesen Momenten hatte er Angst vor ihr. Zwei Mal schon hatte sie ziemlich brutal ein paar seiner Kumpane vertrieben.

„Das ist scheiße von dir! Ich habe es doch für dich gegeben.“

Ihre Stimme klang gebrochen. Vielleicht spürte der Alte das erste Mal, wie wichtig er für dieses Punkermädchen war.

„Beruhige dich! Ich gehe morgen zum Arzt, einverstanden? Ich verspreche es dir!“

Thao spuckte vor ihm aus.

„Scheißen, pissen, fressen, saufen und schlafen tust du! Zu mehr reicht es bei dir nicht. Verficktes Arschloch!“

Er wollte sie aufhalten, tief erschrocken über ihren Ausbruch. Doch sie rollte schon auf ihrem Skateboard davon. Er hustete wieder in die Zeitung, knüllte sie zusammen und warf sie weg.

Thao hätte sich niemals eingestanden, dass dieser Obdachlose eine Schlüsselfigur in ihrem Leben einnahm. Sie hasste Abhängigkeiten und wenn sie auch sagen würde, dass sie den Grund dafür nicht kannte, hatte sie einfach nur Angst vor Verlusten. Dass Menschen, die ihr etwas bedeuteten, wieder gehen würden, ertrug sie einfach nicht. Es war nicht nur ihr Vater schuld daran. Auch ihre Großmutter Ha war kurz nach ihm gestorben, die Frau, die sie als eigentliche Mutter angesehen hatte. Die Alte hatte so viel durchgemacht, Jahrzehnte des Krieges, Vergewaltigung und Schändungen, aus denen ihre Tochter, Thaos Mutter, hervorgegangen war, und die Emigration in ein Land, das so anders war, als ihre Heimat. Und dennoch trug Oma Ha immer ein Lächeln im Gesicht. War freundlich zu allen Menschen, egal, ob sie es verdienten oder nicht, und freute sich aufrichtig darüber, dass kein Nachbar in ihrem Umkreis einen gewaltsamen Tod sterben musste oder von einer Landmine verstümmelt wurde.

Ihre Tochter hatte sich für sie geschämt, brachte selten Freunde mit nach Hause und verbrachte lieber ihre Freizeit in anderen Familien. Oma Ha hatte es ihr nie verübelt, doch die Enkelin dafür umso mehr. Ihre Mutter hatte nicht einmal geweint, als Oma Ha beerdigt wurde.

Thao dachte an die vielen Abende und Nächte, die sie in deren kleinen Wohnung verbracht hatte. Oma Ha hatte ihr oft vorgesungen, in einer fremden, unwirklich klingenden Sprache, mit einer Mimik, die so komisch war, dass sie ständig darüber lachen musste. Sie hatte gern ihre Zähne vergessen, was ihrer Artikulation nicht wirklich einen Abbruch tat, konnte sie doch nur gebrochen Deutsch sprechen. Dafür war sie aber für das Kind da, kochte, backte und spielte mit ihm und brachte es dann ins Bett. Für Thao war sie ein nicht zu ersetzender Verlust, genauso wie ihr Vater.

7. Wieder zu Hause

„Wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht!“

Ihre Mutter warf ihr einen flüchtigen Blick zu, das Gesicht vom Bildschirm ihres Computers beleuchtet, strafte sie der Lüge. Als sie sich wieder von der schweigenden Tochter abwandte, zeigte ihr das Mädchen einen Fuckfinger, ging in ihr Zimmer und schlug die Tür zu. Ihre Mutter aber zuckte zusammen, schloss die Augen und atmete tief durch. Bis Mitte nächsten Jahres noch, dann würde sie ausziehen und irgendwo studieren gehen.

Thao legte sich aufs Bett und machte sich Musik an. Deathmetal war zu hören, böses Geschrei zu düsteren Bass- und E-Gittarenklängen, sowie das Dröhnen des Schlagzeugs. Hinter ihrem Bett stand ein breites Bücherregal, das ihr Zimmer als zweite Wand gegen den Rest der Wohnung abschottete. Sie schloss die Augen und versuchte ihren Kopf freizubekommen, als das Handy in ihrer Lederjacke zu vibrieren begann.

„Ja?!“

Sie hatte nicht mehr an den Jungen gedacht, den sie verprügelt hatte, doch erkannte sie sofort dessen Stimme.

„Du meldest dich ja wirklich, Pisser … .“

8. Date im Kino

Karl hatte Mühe, am Telefon nicht zu stammeln. Sie klang böse und gereizt, schlimmer als gestern auf dem Schulhof.

„Ich würde dich immer noch gern ins Kino einladen, wenn du möchtest.“

Thao antwortete erst nach langen Sekunden.

„Sag mal, Spasti, kapierst du es nicht? Ich habe kein Interesse an dir.“

Karl schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter und suchte das bleischwere Gefühl in seinem Magen zu unterdrücken.

„Warum hast du mir dann deine Telefonnummer gegeben?“

Sie antwortete nicht sofort.

„Ach, was weiß ich. Vielleicht wollte ich dir nochmal eine reinhauen.“

„Passt schon. Ich lass dich in Ruhe.“

Karl legte auf und stellte das Mobilteil in die Basis zurück. Seine Mutter warf ihm einen fragenden Blick zu, sie machte sich gerade für die nächtliche Streife fertig.

„Wenn was ist, ruf mich an, okay?“

Karl nickte.

„Papa schläft schon, sei bitte leise! Er muss morgen früh raus.“

Er spürte ihren Kuss auf seiner Wange und sah ihr dann dabei zu, wie sie das Haus verließ. Das Leben war scheiße, aber so richtig fett.
< br />Er wollte sich gerade wieder in sein Zimmer begeben, als das Telefon klingelte. Er ging gleich ran, vielleicht war es Simon, der wissen wollte, wie sein Telefonat mit Thao ausgegangen war.

„Bist du es?“

Er hörte wieder ihre Stimme. Sein Herz zog sich zusammen, es hatte nicht mehr das Verlangen, sich mit dieser Frau auseinanderzusetzen.

„Ja!“

Thao ließ wieder einen Moment verstreichen.

„Morgen Abend vor dem Empire! Zur Spätvorstellung.“

„Du tust was?“

Simon sah seinen Freund mit weit aufgerissenen Augen an.

„Ich gehe mit Thao heut ins Kino.“

Der Freund schüttelte seinen Kopf.

„Bist du maso? Stehst du auf Frauen, die dich quälen und demütigen wollen?“

Karl winkte ab, obwohl auch ihm sein Handeln seltsam vorkam. Es hatte in der Tat etwas Masochistisches an sich.

Sie gingen den Weg zum Ring hinunter und Karl wartete darauf, dass er sie hören würde. Tatsächlich! Er nahm den sonoren Ton wahr, den ihr Skateboard auf dem Gehweg hinterließ.

„Morgen, Thao!“

Sie starrte ihn grinsend an, antwortete aber nicht. Ihr Blick hatte nichts Sympathisches an sich.

Simon aber war ziemlich erstaunt.

„Krass! Heute hätte ich verloren.“

Karl seufzte. Er wartete schon über eine Stunde vor dem Kino. Es regnete und er war total durchnässt. Die Spätvorstellung lief schon über eine halbe Stunde. Sollte er gehen? Und wenn sie dann doch noch kam? Seine Gedanken spielten zum tausendsten Mal die Möglichkeiten durch. Hatte sie ihn vergessen? Wollte sie ihn versetzen, um ihn erneut zu quälen? War ihr etwas passiert? Er warf sogar einen erneuten Blick zum Namenszug des Kinos hinauf, dessen Leuchtsc***d sich auf der feuchten Straße vor ihm spiegelte.

„Das nenne ich ja mal ein beharrliches Arschloch. Na, du Depp? Bist ja ganz feucht geworden, muss die Freude sein, mich zu sehen, stimmt´s?“

Karl erschrak. Er hatte sie nicht kommen hören.

„Komm, Hirni! Sonst verpassen wir ja alles.“

Thao ging ins Kino hinein und wartete vor dem Schalter.

„Du hast mich eingeladen, oder?“

Er nickte ihr zu.

„Zwei Mal Loge! Für ….“

Sie sah zu den Anzeigetafeln hoch. Zu Karls Erstaunen wählte sie eine Dokumentation über den Klimawandel, es wäre der letzte Film gewesen, den er gewählt hätte. Er stöhnte über den Preis, seine Einladung kam ihm teuer zu stehen. Er sah ihr nach, sie trug einen schwarzen Minirock mit dem silbern schimmernden Patronengürtel, kniehohe Kanonenstiefel und ein schwarzes Shirt unter der Lederjacke.

„Aber hier ist nicht die Loge.“

Sie waren allein im Saal. Das verunsicherte ihn. Thao indes setzte sich in die zweite Reihe und lehnte sich entspannt zurück, ihre Stiefel dabei auf die Lehne des Vordersitzes ablegend. Sie hielt ihm einen Popcornbecher hin, den sie auf seine Kosten geholt hatte.

„Willst du?“

Er wollte hineingreifen, als sie auch schon in den Topf hineingespuckt hatte.

„Sie sind so trocken, weißt du.“, erklärte sie ihm gehässig.

Er sah sie an, ließ sich aber seine Wut nicht anmerken. Er nahm trotzdem daraus und führte das Popcorn an seinen Mund. Sie grinste.
Es hörte sich nicht mehr ganz so aggressiv an.

„Arschloch?“

Karl stöhnte. Trotzdem sah er zu ihr hinüber.

„Kann ich dir eine Ohrfeige geben?“

Thao grinste.

„Ich steh drauf. deine Fresse lädt dazu ein.“

Er sah wieder weg und versuchte, sie zu ignorieren. Er wurde unsicher, als sie aufstand und sich einfach auf seinen Schoß fallenließ.

„Keine Antwort ist auch eine Antwort. Schließlich hast du nicht nein gesagt.“

Ehe Karl etwas sagen konnte, klatschte auch schon ihre flache Hand in sein Gesicht.

„Hör auf! Verdammt, was stimmt mit dir nicht?“, kreischte er.

Seine Brille war davongeflogen. Sie lag auf dem Boden des Ganges. Thao sah ihm grinsend ins Gesicht.

„Keine Ahnung? Sag du es mir!“

Sie haute ihm nochmal eine ins Gesicht, es waren keine harten Schläge, aber sie quälten ihn dennoch. Sie war schwer, er wollte nicht mehr, dass sie auf ihm saß.

„Geh runter! Ich möchte gehen.“

Sie packte seine Nase und zog diese nach oben. Seine Oberlippe wurde mitgerissen, was seine Gesichtszüge entstellte.

„Mein Gott bist du hässlich.“

Sie lachte. Karl sammelte all seine Kraft, um sie von sich wegzustoßen. Doch ehe es dazu kam, spürte er ihre Hand in seinem Schoß. Sie griff nach seinen Eiern und drückte erbarmungslos zu.

„Na, Karl?'“

Er wunderte sich, dass sie ihn bei seinem Vornamen nannte.

„Läuft der Abend so, wie du ihn dir vorgestellt hast?“

Sie quetschte seine Hoden immer stärker, nur mit Mühe konnte der Junge einen Aufschrei unterdrücken. Mit ihrer anderen Hand schlug sie ihm noch einmal ins Gesicht, hart und ungehemmt. Tränen liefen über seine Wangen ab, ihre Demütigungen schienen kein Ende zu finden.

Erstaunt stellte er fest, dass sie aufstand und sich wieder in ihren Sitz fallenließ. Karls Gedanken rasten. Sollte er gehen? Er fasst einen Entschluss, es war irrsinnig, was er tat, und trotzdem griff er nach ihrer Brust. Seine Finger fühlten sofort die Warze und drehten sie mit aller Gewalt. Thao schrie wie wahnsinnig, stieß ihn weg und hielt sich die Brust fest.

Er versuchte, sein Gesicht zu schützen, rechnete er doch mit dem Schlimmsten, doch sie saß nur da und sah ihn erstaunt an.

„Du elendiger Scheißer!“

Sie legte ihren Kopf schief und zu seiner Überraschung grinste sie. Eine Träne löste sich aus ihrem rechten Auge und nahm etwas Schminke mit, während sie sich ihre Bahn über die Wange suchte. Er hatte ihr unglaublich weh getan. Thao aber ließ Karl für den Rest des Films in Ruhe und blieb in ihrem Sessel gefläzt.

Nach der Vorstellung standen sie wieder vor dem Kino. Karl rechnete nicht mit einem Abschied. Doch in diesen Punkt sollte er sich irren.

„Hier!“

Er riss die Augen auf, als das Punkgirl ihre Jacke öffnete, das Shirt hob und ihre linke Brust aus dem BH zog.

„Sieh mal, was du angerichtet hast!“

Ihr Blick hatte nichts Vorwurfsvolles. Aber Karl wusste jetzt, wie er sie zu nehmen hatte. Er löste seinen Gürtel, ließ seine Hose hinunter und zog dann auch noch seinen Slip über die Knie nach unten.

„Und das warst du!“

Sie sah lachend auf seine Eier hinunter, griff nach ihnen und zog die Haut straff.

„Sieht man doch gar nichts!“

Sie sah ihn fragend an, ein breites Grinsen im Gesicht. Er hob die Schultern.

„Und? Bei dir doch auch nicht.“

Er fasste an ihre Brustwarze und strich sanft über sie hinweg. Sein Glied wurde steif, während sie ihre Hand noch an seinen Hoden hatte. Sie betrachtete es ausgiebig und ließ ihn schließlich los.

„Scheiße, bist du ein Freak, Karl!“

Sie nickte ihm zu, packte ihre Brust zurück in den BH und ließ das schwarze T-Shirt wieder darüber fallen. Er aber glotzte sie an und war wie erstarrt. Diese Entwicklung des Abends hatte er nun wirklich nicht voraussehen können. Ein paar Leute kamen aus dem Kino, es mussten jetzt auch die anderen Filme zu Ende sein. Lachend sahen sie den Jungen mit hinunter gelassenen Hosen vor dem Punkermädchen stehen. Karl riss sich zusammen und winkte ihnen zu.

„N´abend!“

Höhnisches Gelächter war die Folge, aber Thao prustete los.

„Scheiße, bist du krass.“

Karl spürte, wie noch einmal ihre Hand in sein Gesicht schlug, dann rollte sie auch schon auf ihrem Skateboard in die Dunkelheit davon. Ihre letzte Ohrfeige hatte sich fast zärtlich angefühlt. Karl zog seine Hosen wieder hoch und machte sich gedankenverloren auf den Heimweg. Er h
atte keine Ahnung, was dieser Abend für ihn bedeuten würde.

9. Karls Vater

„Wo warst du?“

Karls Vater stand in der Schlafzimmertür und blinzelte ins Flurlicht.

„Ist Mama da?“, fragte Karl.

Der Vater schüttelte seinen Kopf. Er war bedeckt mit grauen Haaren, obwohl er noch nicht lange die Vierziger-Marke überschritten hatte.

„Kommst du mit ins Wohnzimmer?“

Karl zögerte. Sein Vater verbrachte nicht gerade oft freiwillig Zeit mit ihm.

„Ist was passiert? Wenn es wegen der Uhrzeit ist ….“

Sein Vater winkte ab, schlürfte zum Wohnzimmer hinüber und schaltete dort das Deckenlicht an.

„Setz dich hin, Karl!“

Die feingliedrige Hand seines alten Herrn deutete auf einen bequemen Ledersessel. Karl nahm darauf Platz, er sah verunsichert aus.

„Was ist los mit dir?“, fragte sein Vater.

Karl seufzte demonstrativ auf.

„Nichts.“

Sein Vater schüttelte müde den Kopf. Er hatte kantige, aber durchaus attraktive Gesichtszüge, nur der Körperbau war genauso lang und hager, wie bei seinem Sohn.

„Karl! Ich möchte einfach sicher sein, dass es dir gut geht. Ich bin dir nie wirklich gerecht geworden, aber in Stich gelassen habe ich dich auch nicht, wenn du mich gebraucht hast, richtig?“

Sein Sohn war überrascht. Er hatte geglaubt, dass sein Vater zu solch einer Einsicht niemals im Stande gewesen wäre, geschweige denn, dass er einen Gedanken darüber verlor.

„Du sagst mir Bescheid, wenn was ist?“

Karl nickte, erwiderte aber nichts. Sein Vater kam näher an seinen Sohn heran und legte ihm seinen Arm auf die Schulter.

„Wie heißt sie denn?“

Karl schwindelte.

„Wer? Wen meinst du, Papa?“

Sein Vater winkte ab.

„Ich drück dir trotzdem die Daumen.“

Er löschte das Licht und ließ seinen Sohn allein in der Dunkelheit des Wohnzimmers zurück.

„Mach das Flurlicht später aus, okay?“

Karl hörte, wie sich die Schlafzimmertür seiner Eltern schloss, er war endlich mit sich und seinen Gedanken allein. Ein wenig dachte er noch darüber nach, was sein Dad gesagt hatte. Es war ihm unheimlich, wie schnell Eltern solche Veränderungen bei ihren Kindern spürten. Hauptsache seine Mutter blieb außen vor, es war nicht leicht, ihrem Kontrollwahn zu entkommen, wenn sie sich erst einmal sorgte.

Karl dachte an Thao. Ein kurzer Blick auf seine Uhr, es war noch keine Stunde her, als sie auf ihrem Brett davongerollt war. Ob sie wohl an ihn dachte in diesem Moment? Ob sich ihre Gedanken vielleicht in diesen Augenblick begegneten? Er lächelte. Es hatte sich etwas zwischen ihnen verändert, sehr drastisch sogar. Er öffnete seine Hose und schob die Hand in seinen Schoß. Seine Finger glitten über seine Hoden, dort, wo Thao ihn vorhin berührt hatte. Wie weh sie ihm getan hatte, als sie so brutal zugedrückt hatte, wie sanft sie gewesen war, als sie seinen Schwanz betrachtete. Ihm fiel erst jetzt auf, dass sie sich über sein Glied nicht lustig gemacht hatte. Er warf einen Blick auf seinen Penis, der wahrscheinlich kein Stück anders war, als die von vielen Millionen anderen Männern. Durchschnitt. Nicht lang, nicht klein, weder dünn noch dick. Ein Allerweltsschwanz. Er grinste. Wenigstens das.

Würde er ihre Finger dort noch einmal fühlen? Er dachte an ihre Brust, kurz tauchte das Wort Titte in seinem Kopf auf, es störte ihn. Zweimal hatte er sie dort berührt und sie einmal gesehen. Sie war fest und voll gewesen, so weiblich schön, dass es zu dem Punkermädchen eigentlich nicht passen wollte. Er versuchte, sie sich nackt vorzustellen, wie viele hundert Male zuvor auch schon. Seine Finger der rechten Hand schoben die Vorhaut seines Penis hinunter und strichen über dessen Eichel. Karl wünschte sich so sehr, es wären die ihren.

10. Unruhiger Schlaf

Thao masturbierte viel. Sie war nicht süchtig nach der sexuellen Stimulation, nein, sie war süchtig nach der Ruhe und dem Frieden, die in ihrem Kopf danach frei wurden. Es war, als ob sie dann für einen Moment ihr Leben genießen und sich mit ihm versöhnen könnte. Doch an diesem Abend hatte sie weder den Vibrator benutzt noch ihre Hände. Immer, wenn sie die Augen geschlossen hielt, tauchten seine Gesichtszüge auf. Sie atmete durch und versuchte wieder, die Kontrolle über sich zu bekommen. Doch er blieb da und ignorierte ihre Versuche, ihn zu vertreiben.

Er war doch wirklich nur ein Wicht. Warum also ausgerechnet er? War es wirklich so, wie Heinrich spekulierte? Hatte er ihr imponiert? Sie dachte zurück und sah ihn vor sich stehen. Er hatte keinen Moment gezögert, es ihr gleich zu tun und sich vor ihr entblößt. Sie grinste. Eigentlich wollte sie ihn in Verlegenheit bringen, aber er schien das gar nicht begriffen zu haben. Sie sah ihn noch einmal in ihrer Erinnerung winken, als die Kinogäste an ihnen vorübereilten.

Sie biss sich auf die Lippen. Karl schlich sich in ihre Welt und sie wusste nicht, ob er darin einen Platz bekommen sollte.

11. Der nächste Tag

„Simon, wenn du das jemanden verrätst, dann kannst du mich als Freund für immer vergessen.“

Der untersetzte Junge hielt ihm die Hand hin.

„Scheiße von dir, dass du mich nach all den Jahren zu so etwas im Stande siehst. Schlag ein! Ich schwöre es dir.“

Sie gingen die Straße entlang, wie all die vielen Tage der letzten Jahre zuvor auch schon. Autos glitten vorbei, Fußgänger überholten sie oder strömten ihnen entgegen.

„Ich habe ja eigentlich darauf gehofft, dass ich es bin.“

Karl sah Simon fragend an.

„Wer solltest du sein?“

Simon grinste.

„Na derjenige von uns, der zuerst ein Mädchen flachlegt.“

Karl stieß ihn in die Seite.

„Als ob das Rennen schon gelaufen wäre. Ich glaube nicht, dass ich bei ihr Chancen habe, Simon.“

Karl drehte sich mehrmals um. Thao war nirgends zu sehen.

„Vielleicht fängt sie heute später an oder schwänzt? Mach dir keine Sorgen!“

Karl warf Simon einen mürrischen Blick zu. Als ob das so einfach wäre.

Die beiden kamen an der letzten Seitenstraße vorbei, bevor es der Ring war, der ihren Weg kreuzte. Karl schrak zusammen, als er ihre Stimme hörte.

„Spasti! Kennst mich nicht mehr, oder was ist los?“

Thao löste sich von der Hauswand, an der sie gelehnt hatte und kam zu ihm hinüber. Simon trat zur Seite und starrte das Punkmädchen erschrocken an. Sie warf ihm einen höhnischen Blick zu und zeigte ihm den ausgestreckten Mittelfinger. Karls Gedanken rasten, er hatte keinen blassen Schimmer, was jetzt passieren würde.

Er sah ihr dabei zu, wie sie sich ihm näherte. Für ihn lief dieser Moment wie in Zeitlupe ab. Sie griff sich mit der rechten Hand an den Mund, holte einen schwarzen Kaugummi heraus und presste diesen Karl an die Lippen. Er war gelähmt und rührte sich nicht. Erst als sie loslassen wollte, ließ er ihren Gum schließlich in seinen Mund verschwinden. Simon starrte die beiden an, als ob sie Außerirdische wären. Thao lächelte.

„Das muss dir fürs Erste reichen, Spasti!“

Sie zeigte ihm ein breites Grinsen, ließ ihr Board auf den Boden knallen und rollte dann ihnen voraus in Richtung Schule.

„Was war das, Karl?“

Der Angesprochene starrte zu seinen Freund hinüber, fassungslos und verwirrt. Was das war? Er hatte keine Ahnung. Er starrte ihr hinterher, sah ihren feisten Po in der engen schwarzen Jeans, die glänzenden Springerstiefel und die Lederjacke mit dem riesigen Sticker hinten drauf.

„Ich habe doch selbst keine Ahnung, Simon.“

Der Kumpel starrte ihn fassungslos an.

„Hast du jetzt wirklich ihren Kaugummi im Mund?“

Karl lachte.

„Schmeckt ein wenig nach Erde, wie ich finde.“

Karl war übel gewor
den. Sein Magen tat ihm so weh, als ob er Koliken hatte. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Seine Klassenkameraden ignorierten ihn wie gewohnt, es hatte sich also nichts für ihn verändert. Das Gefühl im Bauch hatte mit ihr zu tun und keinerlei organische Ursachen. Er war verliebt, so einfach war das.

Der Lehrer schwafelte vor sich hin, er trieb niemanden an. Wer jetzt nicht mitmachte, bekam eben sein Abitur nicht. Karl hatte immer noch ihren Kaugummi im Mund. Er war sich nicht sicher, ob er ihn überhaupt noch einmal ausspucken wollte. War das nicht irgendwie ein Kuss gewesen? Karl versuchte, sich an ihr Gesicht zu erinnern. Es war klassisch geschminkt gewesen, in düsteren Rot- und Schwarztönen.

„Thao?“

Amelie setzte sich neben sie auf die Bank und sah etwas verlegen drein. Die Punkerin spürte sofort, dass mit ihr etwas nicht stimmte.

„Was ist los mit dir, Ziege? Hast du ein paar Kilo verloren? Soll ich dir suchen helfen?“

Thao hasste sich in diesem Moment selbst für ihren Spott. Die Zunge war schneller gewesen, als ihr Verstand. Amelie nahm es ihr nicht übel, in solch einer Situation erinnerte sie Thao an die eigene Großmutter. Das waren Charaktere, die der ganzen Scheiße auf der Welt standhielten und nie dafür entlohnt werden würden.

„Ich komme wieder ins Krankenhaus. Ich werde die nächsten zwei Monate nicht in die Schule gehen. Ich wollte es dir nur sagen …, falls du dir Sorgen machst.“

Amelies Blick bekam jetzt etwas Flehendes.

„Ist okay. Ich weiß es jetzt.“

Mehr konnte die Punkerin ihr nicht geben.

Das dicke Mädchen schwieg neben ihr, das war so ungewöhnlich, dass es kurioserweise dem Punkermädchen die Ruhe der Pause kostete.

„Weshalb?“

Amelie sah Thao verwundert von der Seite an.

„Was meinst du?“

Die Punkerin verdrehte ihre Augen.

„Warum du müssen ins Krankenhaus, dickes Mädchen?“

Amelie weinte, sie tat es nicht, weil Thao sie demütigte, sondern weil sie Angst hatte.

„Hey! Tut mir leid, Amelie.“

Thao überwand sich und drückte das adipöse Mädchen an sich. Die heulte herzzerreißend auf und ließ ihre Tränen laufen.

„Die wissen nicht, ob es klappt, Thao. Sie sind sich nie sicher. Ich esse doch kaum etwas. Ich kann nicht mehr, verstehst du?“

„Was wird denn gemacht?“

Amelie versuchte sich, zu beruhigen.

„Etwas an meinen Nieren. Es hat mit meinem Insulinhaushalt zu tun.“

Thao seufzte.

„Aha! Wenn ich dich besuchen komme, hörst du dann mit dem Geflenne auf?“

Amelie biss sich auf die Lippen. Tatsächlich wurde sie leise.

„Ich sags dir aber lieber gleich … Schokolade bringe ich dir nicht mit.“

Thao würde Amelie vermissen. Auf eine (tatsächlich) kranke Weise war die Freundin gesellschaftlicher Aussatz, so wie sie selbst. Zwar mochte der Unterschied dabei sein, dass sie selbst die Wahl zu haben schien, aber ging es ihr deshalb besser als Amelie?

Es klingelte. Amelie raffte sich auf und trollte sich in ihre Klasse. Noch einmal wandte sie sich zu der Punkerin um.

„Hast du das ernst gemeint, vorhin?“

Thao sah sie an und nickte.

„Verpiss dich aber jetzt!“

Sie überlegte, ob sie Amelie in die Schule folgen sollte, aber stattdessen stand sie auf und verließ das Schulgelände.

12. SM

„Bist du da?“

Thao stutzte. Ihre Mutter musste eigentlich am Arbeiten sein. Es war ungewöhnlich leise. Sie konnte nur da sein, das Schloss der Wohnungstür war nicht zugesperrt gewesen.

„Mutter?“

Sie sah ins Wohnzimmer, es war leer. Thao blickte in den Garderobenschrank, die Sachen ihrer Mutter hingen noch dort. Ein ungutes Gefühl überkam das Mädchen. Es stimmte hier etwas nicht.

„Mama!?!“

Thao ging durch den Flur zurück auf die andere Seite der Wohnung, wo ihr Zimmer und das Schlafzimmer ihrer Mutter lagen. Sie wollte die Tür zu dem Raum ihrer Mutter öffnen, doch diese war von innen verschlossen worden.

„Machst du auf? Ich will dir was sagen.“

Es blieb ruhig, drinnen rührte sich nichts. Thao ging vor der Tür in die Knie und sah durch das Schlüsselloch. Sie konnte ein Stück vom Bett sehen und zwei Frauenfüße, die an das Bettgestell gekettet waren.

„Sei ruhig, Fotze!“

Es war Rüdigers Stimme, die dort geflüstert hatte. Thao begriff die Situation nicht. Für sie sah das nicht nach normalem Ficken aus. Vorsichtig löste sie sich von der Tür und ging zurück zur Wohnungstür. Sie nahm ihren Schlüsselbund in die Hand und klimperte damit, bevor sie die Wohnungstür öffnete und ins Schloss fallen ließ.

„Wir sind wieder alleine, Schlampe!“

Rüdigers Stimme wurde wieder lauter.

„Schade, deine kleine Muschi hätte bestimmt gern mitgemacht.“

Thao hörte komische Geräusche, als ob jemand in ein Kissen schreien würde. Ein hartes Klatschen ertönte jetzt, gefolgt von einem trockenen, rhythmischen Geräusch. Das verhaltene Schreien wurde lauter, was erneutes Klatschen zur Folge hatte.

Thao zog sich einen Sticker aus ihrer Jacke, schlich sich erneut ans Schloss heran und nutzt die Befestigungsnadel an der Rückseite der Metallscheibe, um den Schlüssel im Schloss soweit zu drehen, dass sein Bart senkrecht im Loch stand.

Ein verhaltenes Wimmern war zu hören, als das Klatschen für einen Moment aufhörte. Thao atmete tief durch. Hatte er sie gehört? Was machte dieser Perverse mit ihrer Mutter? Wieder klatschte es und das Geschrei wurde nun deutlich hörbar. Immer wieder war das trockene Knallen zu hören und Thao fasste jetzt einen Entschluss.

Sie holte ein Handtuch aus dem Bad, schob es vorsichtig unter der Tür durch und drückte mit der Nadel des Stickers den Schlüssel aus dem Schloss heraus. Rüdiger hörte es nicht, nur das gedämpfte Kreischen wurde immer lauter.

Thao fingerte den Pfefferspray und einen Teleskopschlagstock aus ihrer Jacke. Sie hatte, dank dieser Hilfsmittel schon etliche Schlägereien durchstanden. Vorsichtig zog sie am Handtuch, nahm den darauf liegenden Schlüssel und sperrte ruckartig das Schloss auf.

„WAS MACHT IHR DA?“

Thao war sprachlos. Der dürre Rüdiger stand mit einem Rohrstock hinter ihrer Mutter, die auf dem Bett hockte und auf seltsame Weise gefesselt worden war. Ihre Ellenbogen waren von Rüdiger mit den Knien zusammengebunden worden, weshalb sie in eigenartiger Weise auf dem Bett hocken blieb. Sie war völlig nackt und ihr Po und Rücken waren mit einer Vielzahl von blutigen Striemen bedeckt. Ein Knebel steckte im Mund von Thaos Mutter, er war also dafür verantwortlich gewesen, dass man sie kaum hören konnte, selbst wenn sie schrie.

Rüdiger erschrak. Er hatte außer einem seltsamen Lederslip nichts an und kam, nachdem er sich gesammelt hatte, auf Thao zu.

„Thao?! Du, das ist nicht so, wie es für dich aussieht.“

Thao sah zu ihrer Mutter hinüber, die verzweifelt in ihren Knebel hinein schrie.

„Echt nicht? Ich finde schon.“

Thao sah Rüdiger fast sanft mit ihren tiefschwarzen Augen an, hob ihren Arm und sprühte dann den Pfefferspray in sein Gesicht. Der Mann ließ sich, laut dabei aufkreischend auf den Boden fallen und wand sich in seinen Qualen. Thao schlug ihm mit dem Schlagstock auf beide Oberschenkel und seinen Rücken, ließ aber nach ein paar Hieben von ihm ab. Ein Tritt in seine Rippen und sie stieg auf das Bett, um ihre Mutter zu befreien.

„Was ist passiert, Mama?“

Die nackte Frau kreischte auf, als Thao ihr den Knebel aus dem Mund entfernte.

„Mach mich los! Mach mich los!“ Forderte sie ihre Tochter auf, Wut lag in ihrer Stimme.

Sie schien wie wahnsinnig. Rüdiger stöhnte und versuchte aus der Tür hinauszukriechen.

„Soll ich die Bulle
n rufen?“ Fragte Thao.

Ihre Mutter drängte an ihr vorbei und schlug unbeholfen dem auf dem Boden Kauernden ins Gesicht.

„Das ist für dich ein Rollenspiel? Du Schwein! Du Scheiß-Schwein!“

Sie war außer sich, heulte, weinte, kreischte. Selbst ihre, der normalen Welt entrückte Tochter schien von der Szene überwältigt.

„Hilf mir, Thao! Schmeiß dieses Schwein raus!“

Die Punkerin zog den halbnackten Kerl am Ohr aus dem Zimmer hinaus, dabei mit ihrem Stock immer wieder auf ihn einschlagend. Irgendwann hatte es Rüdiger begriffen und kroch auf allen vieren aus der Wohnungstür. Die alte Nachbarin hatte ein Telefon in der Hand und sah das Mädchen fragend an.
„Passt schon, Frau Passow! Ein kleiner Beziehungsstreit.“

Die Alte nickte erstaunt und sah Rüdiger dabei zu, wie dieser halbnackt die Treppen hinunter kroch.

„Kommst du wieder, bring ich dich um, du perverses Schwein!“, brüllte Thao ihm nach.

Dann wandte sie sich, freundlich dabei lächelnd, wieder der Nachbarin zu.

„Schönen Tag noch, Frau Passow! Und nichts für ungut.“

„Was war das gerade, Mama?“

Thao drückte die nackte Frau an sich, vorsichtig mit ihrer Hand nach einer Stelle auf ihrem Rücken suchend, die nicht von Peitsche und Stock getroffen worden war. Ihre Mutter weinte und antwortete nicht. Wimmernd hockte sie am Bettrand und starrte vor sich auf den Boden. Sie schien sich unsagbar vor ihrer Tochter zu schämen.

„Soll ich einen Notarzt rufen? Das schaut schlimm aus.“

Ihre Mutter schüttelte den Kopf.

„Dieses Schwein, dieses brutale Schwein.“, flüsterte sie.

Thao sah die Fesseln und das andere SM-Spielzeug auf dem Boden liegen. Das hätte sie niemals für möglich gehalten.

„Gib mir was, damit ich das hier verstehen kann!“, flüsterte Thao ihrer Mutter zu.

„Bitte!“

Ihre Mutter schüttelte den Kopf.

„Thao!! Lass mich allein!“

Tränen liefen über die Wangen der schlanken Frau, vermischt mit deren Schminke. Ihre Tochter seufzte. Jemand anderes hatte ihre Mutter schon genug gequält.

Thao deckte für ihre Mutter das Bett auf, half ihr, sich auf den Bauch zu legen und breitete vorsichtig ein sauberes Laken über deren zerschlagenen Rücken aus. Anschließend nahm sie die Ketten, Stricke und Ledergurte, die Peitschen und Gerten und räumte diese zusammen, um sie in einer großen, schwarzen Sporttasche zu verstauen, welche auf dem Boden stand.

Sie nahm diese mit in ihr Zimmer und schob sie unter ihr Bett soweit nach hinten, wie sie nur konnte.

Am Abend brachte sie ihrer Mutter etwas zu essen und sah nach den blutigen Striemen auf deren Rücken.

„Ich weiß nicht, wie man das am besten sauber macht.“

Ihre Mutter bat sie um ein paar Sachen aus dem Apothekerschrank und zeigte es ihr. Ihre Tochter spürte, dass sie Routine besaß.

„Mama?“

Ihre Mutter kaute auf ihren Lippen, sie wusste, dass sie dem Gespräch mit ihrer Tochter nicht mehr länger ausweichen konnte. Thao war seit Jahren das erste Mal sanft ihr gegenüber, sie musste sich riesige Sorgen machen.

„Stehst du auf so was?“

Ihre Mutter sah vor sich auf den Boden hinunter und nickte zögerlich. Im Grunde genommen hatte Rüdiger nur übertrieben und ihr Vertrauen missbraucht. Er hatte ihr nicht einmal die Möglichkeit gelassen, das Safewort zu nennen.

Thao aber fiel es jetzt wie Schuppen von den Augen.

„Hast du deshalb Papa betrogen?“

Ihre Mutter schluchzte auf und fing wieder zu heulen an. Thao aber schwieg und reinigte stumm ihre Wunden.

„Bitte, Thao! Bitte!“

Ihre Mutter schien jetzt das kleine Mädchen zu sein und klammerte sich am Hemd ihrer Tochter fest.

„Es tut mir so leid für dich.“

Thao nahm sie in ihren Arm und fand keine Wut mehr auf diese Frau neben sich.

13. Bei Heinrich unter der Brücke

Thao brauchte den Abstand. Sie wollte in Ruhe das verarbeiten, was sie heute zu sehen bekommen hatte. Zum ersten Mal sah Thao die Möglichkeit, ihrer Mutter ähnlicher zu sein, als sie eigentlich glaubte. Fand sie nicht auch im Schmerz ihren Frieden? Sie verwarf den Gedanken. Sie war es doch, die sich daran erfreute, anderen Menschen weh zu tun. Thao spuckte vor sich auf den Boden, während sie auf ihrem Skateboard über den Asphalt glitt. Das war alles so kranke Scheiße.

„Steh auf, Penner!“

Heinrich schlief zusammengekauert in seinem Schlafsack. Sein verwahrloster Bart war voller Speichel, der aus seinem Mund heraus rann.

„Hey! Steh auf, Heinrich!“

Sie schüttelte ihn und trat gegen seine Oberschenkel.

„Was? Bist du es, Mädchen?“

Thao machte sich Sorgen.

„Seit wann säufst du?“

Sie drehte ihn brutal zu sich hin. Heinrich stützte sich vom Boden ab und schüttelte seinen schweren Schädel.

„Hier!“

Er reichte ihr ein Röhrchen mit Tabletten.

„Hab ich vom Arzt.“

Thao kniete sich neben ihn hin. Sie war erleichtert. Wenigstens eine gute Nachricht.

„Was sind das für welche?“

Heinrich hustete wieder. Das Punkermädchen musste warten, bis er damit fertig war.

„Antibiotika glaube ich. Es macht mich nur so müde.“

„Bei welchem Arzt warst du? Was hat er gesagt?“

Thao sah Heinrich fragend an. Er schien immer noch benommen zu sein.

„Dort drüben irgendwo. Ich habe keine Ahnung. Ich bin nur müde, Kleines. Lass mich schlafen, okay?“

Thao legte ihm eine Papiertüte mit Essen neben den Schlafsack.

„Musst du morgen nochmal hin?“

Heinrich hustete, antwortete aber nicht mehr.

„Hey, Kasperle! Hast du Zeit?“

Thao wunderte sich selbst, dass sie die Nummer von Karl gewählt hatte. Vielleicht brachte dieser Wicht sie auf andere Gedanken?

14. Das zweite Treffen

Es verging fast eine Stunde, bis sie das verhaltene Knattern einer Leerlaufnarbe hörte. Thao seufzte, Karl sah immer noch aus wie ein Vorstadtprollkind.

„Hast dir ja Zeit gelassen, Spasti!“

Karl ließ sein Fahrrad in ein Gebüsch fallen und kam zu ihr rüber.

„Sorry! Ich hab es nicht gleich gefunden.“

Er schaute sich neugierig um, der Platz unter der Brücke schien ein kleines Idyll zu sein, das Thao sich gesucht hatte.

„Wer ist das?“

Er sah verwundert zu dem Penner hinüber, der an der Fundamentmauer des Brückensockels sein Quartier aufgeschlagen hatte.

„Heinrich. Ein guter Freund von mir.“

Karl nickte.

„Sollte ich ihm dann nicht Hallo sagen?“

Thao sah ihn musternd an, dabei lässig auf ihrem Kaugummi kauend.

„Er ist krank. Ihm geht es nicht so gut.“

Karl verstand, er hatte Heinrich husten hören.

„Hört sich nicht gut an, wenn du mich fragst.“

Thao winkte ab.

„Er hat Tabletten vom Arzt bekommen, sie werden ihm schon helfen. Magst dich nicht setzen?“

Karl sah sich suchend um. Das Mädchen hockte auf ihrem Board, aber für ihn blieb anscheinend nur der nackte Boden übrig.

„Hat der feine Herr ein Problem?“ Fragte ihn die Punkerin zynisch.

Karl schüttelte den Kopf.

„Nein, aber Hämorrhoiden.“

Thao lachte schallend auf.

„Was? Echt jetzt?“

Karl seufzte und blieb stehen.

„Na komm schon her!“

Thao machte ihm auf ihrem Skateboard Platz.

Heinrich hustete wieder im Hintergrund, es hörte sich schrecklich an.

„Sollten wir ihm nicht Hilfe holen?“

Thao winkte ab.

„Das geht schon seit Tagen so. Mit dem Antibiotikum wird es ihm bald besser gehen, sagt sein Arzt.“

Sie saßen beide da und sahen zu dem Wasser hinunter, das
unter ihnen träge vorüberzog. Karl wollte kein Gespräch anfangen, schließlich war sie es gewesen, die ihn hatte sehen wollen.

„Und?“

Karl sah sie fragend an.

„Was meinst du?“

Thao äffte ihn in einer höhnischen Geste nach.

„Was meinst du?“

Sie stupste ihn am Kopf an und stieß ihn leicht zur Seite.

„Du bist echt so ein Vollspast.“

Sie wollte ihn weiter verhöhnen, als sie seine Hände im Gesicht fühlte, die sie sanft zu ihm rüber zogen. Dann spürte sie seine Lippen auf den ihren und blickte erstaunt auf Karls geschlossene Augen.

Sie löste sich von ihm, ließ ihre Hand in sein Gesicht knallen und starrte ihn verwundert an. Wieder war es seine Brille, die im weiten Bogen zu Boden fiel. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wäre im Wasser gelandet. Karl hielt sich die Wange. Die Ohrfeige hatte weh getan.

„Soll ich wieder gehen?“ Fragte er, enttäuscht von ihrer heftigen Reaktion.

Thao starrte ihn immer noch mit ihren schwarzen Augen an. Sie wusste nicht, wie lange es her war, dass sie sich von einem anderen Menschen hatte küssen lassen.

„Ach Scheiße, was soll´s.“

Sie war es jetzt, die ihn zu sich heranzog. Thao roch nicht nach Parfüm, wie andere Mädchen, das war Karl sofort aufgefallen. Er spürte wieder ihre Lippen auf den seinen, innerlich war er kurz vorm Explodieren. Dieses seichte Gefühl reichte aus, um eine tiefe Erregung in ihm freizusetzen. Er öffnete seine Augen. Er sah in ihr düster geschminktes Gesicht, sah zu ihrem Hals hinunter und dann auf die schwarze Linie ihres Ausschnitts herab.

„Die grabscht du heute aber nicht an, okay?“

Sie grinste.

„Nee!“

Karl spreizte seine Beine.

„Meine Glocken läutest du aber heute auch nicht.“

Thao lachte.

„Scheiße Mann, du bist zum Schreien.“

Er wusste nicht, ob sie es abwertend meinte.

„Hast du einen Kaugummi für mich?“

Sie sah ihn grinsend an.

„Was ist mit dem von heut Früh?“

Karl wurde rot, holte aber aus seiner Jackentasche eine Silberpapierfolie.

„Er hat angefangen, ein wenig eklig zu schmecken.“

Sie lachte auf, es hallte von den Brückenpfeilern wider. Sie drückte ihm erneut ihre Lippen auf den Mund und er spürte, wie ihre Zunge sich in seinen Mund Einlass verschaffte.

Sie schob ihm die Hälfte ihres Kaugummis in die Mundhöhle, gab ihm ne leichte Ohrfeige und blieb dann schweigend neben ihm sitzen. Karl unterbrach die Stille nicht, er wusste nichts zu erzählen, das es wert gewesen wäre, sie kaputt zu machen.

Es dauerte nicht lange und Heinrich war es, der einen minutenlangen Hustenanfall bekam.

„Thao, mit dem stimmt was nicht.“

Karl stand auf und ging zu ihm hinüber. Sie wollte ihn daran hindern, aber er machte sich frei und hockte sich neben den Obdachlosen.

15. Heinrich wird gerettet

„Sind das die Tabletten?“

Er hob das Röhrchen auf, das neben dem Penner lag.

„Wusste gar nicht, dass meine Mutter eine Lungenentzündung hatte.“

Er legte dem Mann seine Hand auf die Stirn und fühlte, sie war richtig heiß.

„Was ist los mit dir, Spast? Lass ihn in Ruhe! Du brauchst mir nicht imponieren zu wollen.“

Karl sah zu ihr auf.

„Kennst du eine Adresse in der Nähe?“

Sie schüttelte den Kopf. Karl ging zu seinem Fahrrad und stieg auf, das Handy an seinem Ohr.

„Redest du vielleicht mal mit mir?“ Rief sie ihm hinterher.

Thao sah ihm böse nach. Karl winkte ab und fuhr den Weg zur alten Fabrik hinunter. Das Mädchen aber starrte ihm wütend hinterher und beugte sich dann zu dem Penner hinunter. Sie hatte Tränen in ihren Augen.

„Du Wichser hast mich angelogen!“

Sie biss sich auf die Lippen. Sie hätte ihm am liebsten eine heruntergehauen, aber sie sah jetzt selbst, wie schlecht es ihm ging.

Ein silberner Mercedes bog in das Fabrikgelände ein, gefolgt von Karl auf seinem Fahrrad. Die Limousine hielt unter der Brücke und ein hagerer Mann stieg aus, eine kleine Tasche in seinen Händen haltend. Er hielt dem Mädchen seine Hand hin.

„Du bist Thao?“

Das Mädchen antwortete ihm nicht und ignorierte ihn. Sie starrte zu Karl hinüber, der gerade sein Fahrrad umwarf und herbeigeeilt kam. Er ließ sie stehen und ignorierte ihr wütendes Gesicht. Karl half seinem Vater, den Straßenschläfer auf den Rücken zu drehen, und legte dessen Brust frei. Sie war gerötet und warm.

„Du hattest recht, Karl. Respekt. Höchste Eisenbahn. Ich bin zwar kein Allgemeinmediziner, aber die Symptome sind eindeutig.“

Er sah sich suchend nach dem Punkermädchen um, das etwas abseits stand und diese seltsame Szene verfolgte.

„Kannst du helfen?“

Die Stimme des ihr fremden Mannes war ruhig, aber deutlich. So packte sie nach anfänglichem Zögern an und half den beiden dabei, Heinrich auf die Rückbank des Wagens zu legen.

„Willst du mitfahren? Ich nehme dann mein Fahrrad.“

Thao musste sich zusammenreißen. Sie wollte vor Karl nicht anfangen zu heulen.

„Was ist mit ihm?“

Karl nahm ihre Hand.

„Er hat ne Lungenentzündung. Steig jetzt ein! Ihr müsst Euch beeilen!“

Sie warf ihm einen ungläubigen Blick zu, nahm ihr Skateboard und stieg vorne auf der Beifahrerseite ins Auto.

Karls Vater schwieg, er fuhr ziemlich schnell, aber nicht unvorsichtig. Thao warf immer wieder einen Blick nach hinten zu Heinrich. Der hustete und rang um Atemluft.

„Wie schlimm ist es?“

Karls Vater hob seine Augenbrauen.

„Ich weiß es nicht, müssen wir sehen. Ich bin da leider nicht vom Fach, weißt du.“

Sie stutzte.

„Ich dachte, du wärst Arzt?“

Karls Vater lächelte.

„Ja, schon. Aber so ein Schnippelmeister. Alles andere liegt ziemlich weit zurück. Ich kann dir den Blinddarm rausnehmen, wenn du noch einen hast, das geht ganz hurtig bei mir.“

Er grinste über seinen Witz.

„Geht dort rüber zu den Krankenpflegern! Ich geb drinnen Bescheid.“

Thao rannte zu ein paar Pflegern, die das auf sie zueilende Punkermädchen erstaunt ansahen.

„Kommt! Dort vorne braucht jemand Hilfe.“

Sie folgten dem Mädchen, ihre Routine verdrängte die Vorurteile der Punkerin gegenüber. Sie sah, wie die stämmigen Männer Heinrich vorsichtig aus dem PKW holten und auf eine Notliege betteten. Sie arbeiteten Hand in Hand, fühlten seinen Puls und zogen ihm eine Folie über den Körper. Dann rollten sie den Obdachlosen in die Notaufnahme und dem Mädchen damit aus den Augen.

Sie wartete am Auto darauf, dass Karls Vater Neuigkeiten mitbrachte. Nach einer halben Stunde, die ihr endlos erschien, kehrte der hagere Mann schließlich zu ihr zurück und hieß sie einsteigen.

„Komm! Wir können jetzt erst einmal nichts für ihn tun.“

Thao sah ihn fragend an.

„Er kratzt jetzt aber nicht ab, oder so?“

Karls Vater sah das Mädchen schweigend an. Er war schockiert über ihre Ausdrucksweise.

„Nein! Er wird behandelt. Es kann nur sein, dass du und Karl zur Blutentnahme müsst, falls sie ansteckend sein sollte.“

Er hörte, wie das Mädchen neben ihm eine Kaugummiblase aufpustete und zum Platzen brachte. Sie war hübsch, aber wenn er ehrlich war, hatte er sich ein anderes Mädchen für seinen Sohn gewünscht.

„Wieso hast du geholfen?“

Sie duzte ihn mit einer Selbstverständlichkeit, die ihn amüsierte.

„Ich habe mal einen Eid geschworen, glaub ich.“

Thao schmatzte.

„Und dein Sohn?“

Karls Vater grinste.

„Der ist ein wenig seltsam.“

Die Punkerin nickte.

„Ist mir auch schon aufg
efallen.“

Das erste Mal

Karl schloss die Augen und hörte Musik über seine Kopfhörer. Es war Kommerz, er hatte eigentlich weder einen besonderen Geschmack, noch das Verlangen, sie ständig hören zu müssen. Überhaupt fand er die meisten Texte hirnrissig und blöd.

So beschäftigten sich seine Gedanken lieber mit dem heutigen Nachmittag. Er fragte sich, was sein Vater wohl über Thao sagen würde. Er war eigentlich ein Mensch frei von jedem Vorurteil, aber Thao war eben Thao. Sie machte es niemanden leicht. Egal! Hauptsache ihrem Kumpel wurde geholfen. Irgendwie stimmte es ihn versöhnlich, dass Thao einen Straßenschläfer zum Freund hatte. Es offenbarte ihm ihre weiche Seite.

Er öffnete die Augen, die Musik war aus. Er musste eingeschlafen sein. Er sah einen Schatten neben seinem Bett und setzte seine Brille auf. Er schrak fürchterlich zusammen.

„Scheiße! Mein Gott hast du mich erschreckt.“

Sie grinste.

„Fuck, Alter, hast du ein Spießerzimmer. Sogar die Spielzeugautos stehen noch im Regal.“

Sie warf einen Blick auf ein Plakatbild über seinem Bett.

„Holst du dir auf Megan Fox einen runter?“

Er folgte ihrem Blick und sah an die Decke.

„Seit einiger Zeit nicht mehr.“

Sie musste lachen über seine Antwort.

„Führst jetzt aber das Ganze nicht weiter aus, hoffe ich, oder?“

Karl schüttelte seinen Kopf.

„Ich glaube, das ist besser.“

Thao stand von seinem Schreibtischstuhl auf und stellte sich vor sein Bett.

„Rutsch mal, du Wicht!“

Er machte ihr Platz und spürte dabei, wie sich sein Magen zusammenzog, als sie sich zu ihm legte.

„Das war heute ein Scheißtag, sag ich dir. Jeder hat seine Scheiße bei mir abgeladen, wie er lustig war. So ein Scheiß, ey.“

Karl fragte sich, wie oft Thao wohl innerhalb eines Satzes Scheiße sagen könnte. Er musste mal mit Simon darüber eine Wette abschließen.

„Wie bist du her gekommen?“

„Dein Vater hat mich mitgenommen.“

Er sah sie erstaunt an.

„Warum wundert dich das so?“

Sie lachte und küsste ihn auf den Mund. Als sie sich löste, saugte sie an seiner Unterlippe und ließ diese dann zurückschnalzen.

„Du kannst so hässlich sein, Karl. Nichts für ungut.“

Karl seufzte und sah in ihre schwarzen Augen.

„Und du kannst einen Haufen Scheiße reden. Nichts für ungut.“

Sie klatschte ihm ihre Hand ins Gesicht. Es knallte und tat weh.

„Warum tust du das immer?“

Er zwang sich, leise zu sein, setzte sich aber auf und sah sie wütend an.

„Ich weiß nicht? Ich finde es lustig, wenn du dich aufregst oder heulst.“

Sie zog ihn wieder herunter und rollte sich auf seinen Körper. Er spürte ihre Brüste, wie sie auf seinem Brustkorb zum Liegen kamen.

„Wenn Heinrich die Tage verreckt wäre ….“

Sie sah an ihm vorbei auf sein Kopfkissen hinab.

„Ich muss nicht danke sagen, oder?“

Karl stöhnte leise, er bekam auf Grund ihres Gewichts kaum Luft in seine Lungen. Er war nur wenige Kilo schwerer als sie.

„Ich hab doch Heinrich geholfen und nicht dir. Was willst du eigentlich? Ich bin eher sauer auf dich, du hättest schon längst den Arzt holen müssen.“

Thao nickte.

„Ja, du hast recht, Spasti.“

Sie sah zu ihm hinunter.

„Heinrich ist super, du wirst sehen.“

Sie sah sich suchend um.

„Kann ich mal das Telefon haben?“

Karl wollte aufstehen.

„Warte! Ich hole es dir.“

Thao drückte ihn zurück.

„Warum? Sag mir wo es steht!“

Er gab auf. Früher oder später würden seine Eltern ohnehin dazwischen platzen.

„Bist du Thao?“

Karls Mutter stand im Flur und sah dem Punkermädchen erstaunt dabei zu, wie es das Telefon von der Station nahm.

„Hi! Du bist Karls Mutter, oder?“

Karls Mutter war schockiert. Das konnte unmöglich die Freundin ihres Sohnes sein.

„Was macht Ihr?“

Thao grinste.

„Nichts weiter. Das was alle jungen Männer und Frauen tun, wenn sie zu zweit in einem Zimmer sind.“

Karls Mutter konnte nicht anders, sie verzog die Lippen und musste sich das Lachen verkneifen. Die Punkerin wollte gerade wieder in Karls Zimmer verschwinden, als sie das Mädchen noch einmal anrief.

„Du verarschst meinen Sohn nicht, oder?“

Thao sah sie seltsam an.

„Er mich hoffentlich auch nicht, …“, sie grinste, „… oder?“

„Du hast echt ne schräge Alte.“

Thao setzte sich wieder an den Schreibtisch und hielt sich den Hörer ans Ohr.

„Mam? Ich schlaf heute woanders, okay?“

Die Augen des Jungen weiteten sich.

„Nein, ist okay. Ich rufe morgen an. Schließ ab! Mein Handy ist an.“

Thao legte auf. Sie spürte seine Unsicherheit und lachte.

„Was ist los mit dir?“

Sie riss das Plakat über dem Bett weg und legte sich wieder auf ihn.

„Mir ist es lieber, wenn du jetzt mich angaffst.“

Er wollte protestieren, aber die Zerstörung war schon vollendet.

Karl spürte ihre Lippen auf den seinen, fühlte, wie ihre Zunge zwischen sie drängte und darauf wartete, dass er ihr seinen Mund öffnete. Ihre Augen blitzten, während ihr Schoß ganz langsam auf dem seinen hin und her rieb. Ihre Zungenspitze berührte die seine, sie schmeckte nach nichts und doch besser, als alles andere, was er je kosten hatte dürfen. Schmatzend gaben sie sich ihren oralen Liebkosungen hin, beide die Welt vergessend, die sich um sie herum weiterdrehte.

„Ich weiß, dass ich dich eigentlich nicht fragen muss, Holzkopf, aber dein Schwänzchen hat noch in keiner Muschi gesteckt, oder?“

Karl verdrehte die Augen und stöhnte.

„Warum? Macht dir das Spaß?“

Thao hob ihre Schultern an und ließ sie wieder fallen.

„Weiß nicht?“

Sie schob ihre Hand in seine Jeans und spürte sofort seine Eichel mit der teilweise zurückgezogenen Vorhaut.

„Karl, es tut mir leid, aber ich glaube, das muss ich ändern.“

Sie setzte sich auf und rutschte auf seine Unterschenkel hinunter. Sie löste seine Gürtelschnalle und zog den Gürtel aus seiner Hose heraus.

„Heb Deinen Hühnerarsch an! Ich kriege sie sonst nicht runter.“

Karl sah ihr aufgeregt dabei zu, wie sie ihn auszog. Es dauerte eine Weile, dann hatte sie ihm die Schuhe aus-, Hose und Slip hinuntergezogen und lag nun an seiner Seite, um sich ihr Werk zu betrachten.
„Wieso reißt du über ihn keine Witze?“

Thao ließ den Fingernagel ihres Zeigefingers unter seinem Penis entlang fahren und berührte dann sanft dessen Spitze.

„Du meinst deinen Schwanz?“

Karl nickte.

„Was würde es mir bringen, dich in diesem Punkt zu verunsichern?“

Der Junge dachte an Salim.

„Da gab es jemand anderen, auf den du da weniger Rücksicht genommen hast.“

Thao sah zu ihm hoch.

„Ich wollte nur wissen, wie es ist, Karl. Salim war schon in Ordnung.“

Er wunderte sich.

„Da geht die Geschichte in der Schule aber anders um.“

Thao lächelte ihm zu.

„Tratsch und Klatsch. Er wollte mich doch nur als Trophäe, den Zahn musste ich ihm ziehen.“

„Du hattest außer ihm noch keinen anderen?“

Karl zeigte Staunen. Thaos Miene dagegen verfinsterte sich.

„Hältst du mich für ne Schlampe?“

Karl schüttelte den Kopf.

„Hey! Nein! Du wirkst nur in allem, was du tust, so selbstsicher und erfahren.“

Sie glaubte ihm.

„Komm! Du bist dran.“

Karl wusste nicht, was sie meinte.

„Was?“

Das Punkermädc
hen zog ihre schwere Lederjacke aus und hob dann vor ihm ihre Arme. Er verstand endlich und zog vorsichtig das schwarze Shirt über ihren Kopf.

„Pass auf die Piercings auf, okay?“

Karl grinste.

„Ich versuch es ja.“

Er blieb mit irgendetwas hängen.

„Scheiße, Idiot! Aua!“

Sie half ihm.

„Das wirst du noch üben müssen, Spasti.“

Karls Herz raste.

„Heißt das, wir sind zusammen?“

Thao hob ihre Hand und streichelte über seine Wange.

„Willst du das denn?“

Er nickte.

„Seit dem Augenblick, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe.“

Thao verhöhnte ihn dieses Mal nicht.

„Das ist dein Ernst, oder?“

Er nickte.

„Wow!“

Sie hob seine Hände und führte sie zum Verschluss ihres BHs.

„Das ist jetzt der ultimative Test, vergeig es nicht!“

Karl sah sie grinsend an und fingerte hinter ihrem Rücken herum. Er konnte von oben in ihren Ausschnitt sehen, was ihm einige Konzentration raubte. Sollte er ihr sagen, dass er heimlich geübt hatte? Lieber nicht.

Thao war erstaunt.

„Und das kriegst du hin?“

Sie stieß ihn gegen die Brust, als ob sie ihn bei einer Lüge erwischt hätte. Karl küsste das Mädchen und zog den BH vorsichtig von ihrer Brust herunter. Er staunte. Sie waren so wunderschön. Vorsichtig ließ er seine Hände unter ihren Brüsten entlang fahren, hob die stattlichen Halbkugeln sanft an und streichelte dann über die Warzen. Sie beobachtete ihn dabei, er merkte, dass sich ihr Atem verlangsamt hatte. Sie ließ ihm noch etwas Zeit, bis sie ihm schließlich seinen Kapuzenpullover und das T-Shirt auszog. Er lag jetzt nackt vor ihr und sah, wie sie sich einen grinste.

„Scheiße, Karl! Aber du musst Sport machen, unbedingt.“

Er war angepisst und hörte auf, ihre Brust zu streicheln.

„Vielleicht machst du dir was vor. Ich bin doch nicht der Richtige.“

Er wollte aufstehen, doch Thao hielt ihn zurück. Sie hatte ihn verletzt. Sie musste lernen, dass es auch bei ihm eine Grenze gab.

„Hey!“, sie küsste ihn auf den Mund, „Es ist alles gut.“

Sie kletterte aus dem Bett und ließ ihre enge Jeans zu Boden gleiten. Er bewunderte ihr breites Becken und die kräftigen Oberschenkel. Sie hatte keine Modelmaße, Thao wirkte dazu zu üppig. Aber genau das erregte ihn nur noch mehr.

Sie legte sich an seine Seite und spielte wieder mit seinem Schwanz.

„Warte! Ich schließe die Tür ab.“ Hastig kletterte der Junge aus dem Bett heraus, eilte zur Tür und wäre dabei beinahe gestolpert. Ein Klickgeräusch, dann war er auch schon wieder bei ihr.

„Zieh mir den Slip aus, ich hab es jetzt eilig!“ Verlangte sie von ihm.

Thaos Blick bekam etwas Wildes, Forderndes. Karl wurde unsicher, er machte sich schon die ganze Zeit Sorgen darüber, ob er ihr Verlangen stillen und ihre Lust befriedigen konnte. Er fühlte den schwarzen Stoff ihres Slips und zog ihn vorsichtig hinunter. Die Haare ihrer Scham wurden sichtbar, an der zulaufenden Spitze glitzerten sie etwas.

Sie öffnete ihre Beine für ihn, sodass er das Rosa ihres Fleisches zwischen dem kurzen Flaum durchschimmern sah. Dieser Anblick raubte ihm beinahe die Sinne.

„Leg dich auf mich und entspann dich!“

Thaos Stimme klang jetzt sanft, frei von Spott und Hohn. Er legte sich zwischen ihre Beine und schob sein Becken an das ihre heran.

„Warte!“

Sie riss ein Kondomtütchen mit ihren Zähnen auf und zog den Gummi über sein erigiertes Glied. Sie zitterte vor Erregung und Ungeduld, doch nach einigen Augenblicken hatte sie es geschafft.

Er versuchte, seinen steifen Penis an ihre Scheide zu führen, schaffte es aber nicht, in sie einzudringen. Thaos Gesicht verzog sich, sie musste gegen den aufkommenden Wunsch ankämpfen, ihn wieder zu verhöhnen.

Dutzende Sprüche rasten durch ihren Kopf, doch nahm sie auf ihn Rücksicht, wollte diesen wichtigen Augenblick damit nicht zerstören. Karl aber war verzweifelt und versuchte es weiter. Seine Erregung wich, sein Stolz brach sich an dieser so simpel scheinenden Aufgabe.

„Hey! Passt schon!“

Ihre Stimme hatte für ihn etwas Beruhigendes.

„Komm, ich helf dir.“

Er spürte ihre Finger an seinem Schwanz, spürte, wie sie sein Glied weiter unten an ihrer Scham ansetzte.

„Jetzt!“

Ihre Augen blitzten zu ihm hinauf. Karl spürte, wie ihre äußeren Schamlippen seine Eichel berührten, fühlte dann das weiche, feuchte Fleisch ihres Geschlechts und das Hineingleiten seines Schwanzes in ihre Scheide. Sie schmatzte, ein absurdes Geräusch.

Thao schloss die Augen. Karl ging zu sanft zu Werke und trotzdem genoss sie den Reiz in ihrem Unterleib. Vielleicht hatte er Angst, ihr weh zu tun? Ihr Becken hob sich, sie versuchte damit, den Reiz seines Gliedes an ihrer Klit zu erhöhen.

„Fester!“

Er hörte sie erst nicht. Erst als sie noch einmal ihren Wunsch äußerte, erhöhte er die Intensität.

„Zieh ihn ein Stück weiter raus!“, stöhnte sie.

Karl konzentrierte sich. Er war Thao dankbar, dass sie ihm zeigte, wie es ging.

Das Mädchen stöhnte und wand sich unter ihm in ihrer Lust. Sie versuchte, dieses Gefühl zu kontrollieren, aber es war zu intensiv für sie. Ihre Brust hob und senkte sich, der Ausdruck ihrer Gefühle wurde lauter. Karl beugte seinen Kopf zu ihr hinunter und küsste die steifen Nippel auf ihren wunderschönen Brüsten. Er brauchte eine Pause, während sie sich ungeduldig unter ihm rekelte.

„Jetzt! Bitte!“, hechelte sie, gab ihm einen Kuss und ließ sich zurück ins Bett fallen.

Er ließ sein Glied wieder ein Stück aus ihrer Scheide gleiten und stieß es wieder, so fest er konnte, in sie hinein. Noch konnte er sich beherrschen, obwohl er schon zweimal vor seinem Höhepunkt gestanden hatte.

Thaos Gesicht verzog sich, ihr Unterleib krampfte. Sie presste die Zähne aufeinander und krallte ihre Fingernägel in seinen Rücken. Er stöhnte auf, spürte den Schmerz, ertrug ihn aber dank seiner Erregung. Er erhöhte noch einmal seinen Takt, dann schrie Thao auf.

Karl erschrak fürchterlich und zog seinen Schwanz aus ihr heraus, ohne dabei gekommen zu sein.

„Scheiße! Was ist passiert?!?“

Er versuchte sie zu stützen, tastete ihren Körper ab, auf der Suche nach einer Verletzung.

„Hab ich dir weh getan?“

Thao riss ihre Augen auf und sah ihn ungläubig an.

„Du bist ein Vollidiot, weißt du das?“ Hechelte sie.

Sie starrte auf sein Glied hinunter und lachte wie wahnsinnig auf.

„Los! Steck ihn nochmal rein!“

Sie half ihm wieder und ließ sich dann zurück auf die Matratze fallen. Karl aber verstand ihre Reaktion immer noch nicht. Ein paar Minuten später bäumte auch er sich auf, holte tief Luft und legte dann seinen Körper auf dem ihren ab. Sie stöhnten, waren außer Atem, glücklich und erschöpft.

Draußen, vor der verschlossenen Tür, standen seine Eltern, schockiert und hilflos. Ihr Junge war in diesem Augenblick zum Mann geworden.

„Komm! Lass sie, Katja! Da gibt es keine Regeln und Gesetze für.“

Karls Mutter seufzte.

„Hoffentlich passt sie auf ihn auf.“

Der Vater verstand, was sie meinte, und zog sie dann hinter sich her ins Wohnzimmer.

„War es denn trotzdem schön für dich?“

Karl machte sich Sorgen. Thao aber lachte und kriegte sich nicht mehr ein. Sie lag auf seiner Brust und sah zu ihm hinunter.

„Du bist wirklich ein Spasti, Karl! Ne Lungenentzündung erkennst du und einen Orgasmus nicht?“

Sie strich ihm das verschwitzte Haar aus dem Gesicht.

„Du hättest mehr Pornos sehen sollen!“

Sie gab ihm einen Kuss und sah ih
n nachdenklich an. Sie lächelte.

„Es war sehr, sehr schön mit dir zu ficken, Karl!“

Er zog sie zu sich herunter, schloss sie in seinen Armen ein und fühlte ihre nackten Brüste auf seiner Haut. Er wollte sie nie wieder loslassen.

Gemeinsames Erwachen

Thao und Karl waren es beide nicht gewohnt, das Bett mit einem anderen Menschen zu teilen, und so wurde ihr erster gemeinsamer Schlaf ein sehr unruhiger. Einmal stießen sie so heftig mit dem Kopf zusammen, dass sie beide, sich die Stirn dabei reibend, aufgewacht waren. Thao ließ ein „Blöder Spast!“ hören und schlief, nachdem sie ihm einen Kuss gegeben hatte, wieder ein. Erst im Morgengrauen fanden sie eine Position, die sie beide zur Ruhe kommen ließ.

„Morgen, du Penner!“

Karl spürte ein Klatschen in seinem Gesicht und suchte, nachdem er sich von seinem Schrecken erholt hatte, die Brille. Thao grinste ihn erwartungsvoll an, kniff ihn in seine Brustwarze und leckte dann daran. Er spürte ihre feuchte Zungenspitze und fühlte dann ihre Lippen, wie sie an seinem kleinen Nippel saugten. Am Anfang war es ein seltsames Gefühl, aber Thao ließ nicht ab und so wurde es zum Schmerz für ihn.

„Aua! Scheiße, Mann! Hör auf!“

„Du bist schon eine kleine Memme, mein Wicht.“

Karl boxte sie gegen den Oberarm und fasste an ihre Brustwarze. Das Punkermädchen versuchte durchzuhalten, aber es gelang ihr nicht.

„AAAAHHH! Mann! Du brutales Arschloch.“

Sie packte seine Eier und den durch eine Morgenerektion steif gewordenen Schwanz. Karl konnte es nicht mehr verhindern, als sie ihre langen Fingernägel in sein Fleisch drückte. Er konnte eine Weile dem Schmerz Herr werden, dann packte er ihre Hand, zog sie weg und sah sie mürrisch an.

„Warum macht es dir Spaß, mir weh zu tun?“

Er sah Thao, wie sie sich im Bett aufrichtete und auf seinen Schoß kletterte. Sie packte seinen Schwanz und wichste ihn, obwohl er steifer nicht mehr werden konnte.

„Wir haben noch eins.“

Sie hielt ihm ein Kondompäckchen vor die Nase. Karls Atem wurde schneller, auch sein Verlangen war längst wieder zurückgekehrt. Thao zog Karls Vorhaut zurück und setzte das Kondom an. Sie war nicht gerade zärtlich zu ihm, als sie es nach unten ausrollte.

„Jetzt wird das Eselchen geritten!“

Sie blickte von oben auf ihn hinunter, stützte sich mit ihrer linken Hand auf seiner Brust ab, während ihre rechte seinen Penis zu ihrem Geschlecht führte. Karl spürte das zunehmende Gewicht, das ihre Scham über seinen Penis stülpte. Thao schloss die Augen, lehnte sich weit zurück und ließ ihr Becken kreisen. Die Feuchtigkeit zwischen ihnen war zu hören, als sich das Mädchen von ihm abstützte und dann wieder fallenließ.

Karl grunzte, er war erschlagen von der Vielzahl an Eindrücken. Er spürte ihr feuchtes Schamhaar auf seiner rasierten Haut, sobald sie auf ihm zu sitzen kam, hörte die schmatzenden Lippen ihrer Scheide, wenn diese am Schaft seines Gliedes hoch- und hinunterrutschten. Thao stöhnte und wurde immer lauter dabei. Karl dachte an seine Eltern. Er würde sich was anhören dürfen, wenn er mit ihnen wieder allein war.

Thao selbst war wie abwesend. Sie spürte sein Glied in sich, lehnte sich weit zurück, um sich noch mehr Reiz an ihrer Klitoris zu schenken, ließ sich dann ungebremst auf ihn fallen, damit sein Schwanz hart in sie eindrang. Sie erhöhte noch einmal den Takt und fühlte einen lustvollen Schmerz in sich.

„Lass mich jetzt unten liegen!“

Sie stieg von ihm herunter und trieb ihn zur Eile an. Sein steifer Schwanz mit dem nicht mehr ganz so gut sitzenden Kondom reckte sich ihr entgegen. Heiser dabei lachend zog sie den Gummi zurecht und half ihm dann, wieder zwischen ihre Beine zu kommen.

Karl aber hatte schnell gelernt und gab ihr die Härte, die sie spüren wollte. Er war standhaft, der Spast, sie wollte es gar nicht glauben. Mit einem heiseren Aufstöhnen kam Karl zwischen ihren Beinen, Thao spürte es, war aber nicht enttäuscht. Sie hatte zwar keinen Orgasmus gehabt, aber der Fick mit ihm war trotzdem geil gewesen. Er zog sich aus ihr zurück und setzte sich, nachdem er sich etwas ausgeruht hatte, neben ihr auf den Bettrand.

„Warum legst du dich nicht wieder zu mir?“

Karl drehte einen Wecker um, der auf dem Nachttisch neben seinem Bett stand.

„Wir müssen zur Schule.“

Thao kicherte.

„Komm nochmal her, ich will mir bei dir was angucken.“

Karl hatte vergessen, den Gummi auszuziehen, und nun war es Thao, die ihn nicht gerade sanft von seinem Penis herunterriss.

„Sag mal deine Eichel …, die ist nicht gerade empfindlich, kann das sein?“

Karl stöhnte leicht auf, als sie mit ihrem Daumen über diese gereizte Stelle seines Schwanzes rieb.

„Du wichst viel, stimmt´s?“

Karl errötete, es war ihm peinlich.

„Manchmal.“

Sie sah ihn frech an.

„Butter bei de Fische! Wieviel?“

Karl wollte aufstehen, sie aber zog ihn zurück.

„Hey! Antworte, Spasti!“

„Drei-, manchmal viermal?“

Thao sah ihn ungläubig an.

„Du meinst in der Woche, oder?“

Karl überlegte kurz, dann nickte er.

„Du lügst mich an!“

Die Punkerin lachte.

„Hast du noch andere Hobbys, als deine Nudel zu schleudern?“

Sie küsste ihn und ging nackt zu Tür.

„Komm! Wir gehen duschen.“

Karl wollte sie aufhalten und rannte ihr hinterher, sie aber war schon draußen und eilte nackt den Flur entlang. Sie quietschte dabei lachend und passierte Karls Vater, der gerade dabei war, sich den Mantel überzuwerfen. Er starrte die nackte, junge Frau ungläubig an, dann wechselte sein Blick auf den Jungen, der ebenfalls naturbelassen war.

„Morgen!“, stammelte er.

Thao blieb stehen und zeigte sich ihm ungeniert.

„Morgen! Gut geschlafen?“

Karls Vater wurde rot und versuchte, nicht hinzusehen.

„Ich gehe jetzt zur Arbeit, Karl. Schau bitte am Kühlschrank! Mama hat dir was aufgeschrieben.“

Karl nickte, er hatte seinen Paps noch nie in seinem Leben rot werden sehen. Thao zog Karl weiter und machte erst wieder unter der Dusche halt. Sie stellte das Wasser an und hängte die Brause in die Halterung ein.

„Komm! Das Wasser ist super!“

Thao ließ sich berieseln und sah, wie er hinter ihr herkam. Er kreischte auf, das Wasser war eiskalt.

„Das ist gesund. Glaub mir!“ Erklärte sie sich ihm nicht frei von Spott.

Karl fingerte nach dem Dosierer und genoss die ansteigende Wärme der Dusche.

„Wo ist deine Mutter?“

Thao seifte sich mit dem Schwamm ein und gab noch etwas Duschbad darauf.

„Sie wird wieder auf dem Revier sein, denke ich.“

Thao sah ihn fragend an.

„Was macht sie dort?“

Karl begriff ihre Frage nicht.

„Arbeiten?“

Das Punkermädchen schien geschockt.

„Sie ist ne Bullin?“

Sie hatte vergeblich nach einer passenden weiblichen Variante gesucht. Karl sah sie mit gerunzelter Stirn an.

„Ist das so schlimm?“

Thao hob ihre Schultern.

„Angenehm auch nicht.“

Ihr kam ein Gedanke.

„Hat sie Handschellen?“

Karl lachte.

„Warum willst du das wissen?“

Sie näherte sich mit ihrem Kopf seiner Brust und biss zärtlich in seine linke Warze. Er stöhnte auf. Sie löste sich wieder von ihm und sah ihn keck von unten an.

„Falls du mal nicht brav bist?“

Thao nahm Karls Glied und wischte sanft mit dem Schwamm darüber.

„Der macht mir viel Freude, weißt du das?“

Karl tat empört.

„Ach? Und ich bin das fünfte Rad am Wagen, oder was?“

Er griff um ihr Becken und zog si
e an sich heran.

„Geht es dir gut?“

Thao sah ihm in die Augen.

„Dafür, dass ich bei nem Spasti abhänge, geht es so grad.“

Karl gab es auf.

16. Konflikt

„Warum kommst du zu spät, Arschi? Mann!“

Simon war außer sich, als Karl endlich aus der Tür trat. Er hatte sich schon zur Straße gewandt, als er eine bekannte Stimme in seinem Rücken hörte.

„Na, blöder Wichser? Kannst nicht höflich grüßen?“

Simon starrte die Punkerin an, als wäre sie nicht von dieser Welt. Er brauchte eine Weile, bis er sich wieder auf ihre Unpünktlichkeit besann.

„Kommt, lasst uns gehen!“

Thao drängte sich an Simon vorbei und knallte ihm die Faust auf den Oberarm. Simon stöhnte und rieb sich die getroffene Stelle.

„Lass ihn in Ruhe, Thao!“

Karl war wütend, sie aber lachte gehässig.

„Ich habe ihm nur einen Gefallen getan. Jetzt hat ihn mal eine andere Frau berührt, außer Mami.“

Simon fühlte sich in Thaos Gegenwart unwohl, Karl spürte das. Sein Freund hatte Angst vor dem Mädchen.

„Komm, Spasti! Lass ihn ruhig vorlaufen.“

Sie wollte Karl zurückhalten, aber der entzog sich ihr.

„Warum? Wir gehen immer zusammen.“

Simon stand unsicher dabei, wandte sich aber schon zum Gehen. Thao warf Simon einen angewiderten Blick zu.

„Weil er scheiße peinlich ist? Sieh ihn doch an, das fette Muttersöhnchen! Der ist so weibisch, dass ich mich frage, ob er nen Schwanz hat.“

Karl wurde blass. Jedes Wort, das Thao auf seinen Freund abgefeuert hatte, traf ins Ziel.

„Hör auf!“

Thao schob einen Kaugummi in ihren Mund und sah ihn gelangweilt an.

„Warum? Verteidigt Siegfried Roy?“

Karl ließ Thao stehen und ging schweigend an ihr vorbei. Es war doch nur eine Illusion gewesen. Wahrscheinlich hatte er den gestrigen Abend und die Nacht nur geträumt. Simon starrte ihm erschrocken nach, genauso wie das Punkermädchen. Ihre Blicke trafen sich kurz, dann knallte das Board der Punkerin auf den Boden.

„Ihr seid beide solche Spacken …!“

Sie überholte Karl, ohne sich nach ihm umzusehen. Karl hörte seinen Kumpel, wie er ihm hinterherhechelte. Er sollte ihn jetzt so nicht sehen.

„Geh bitte allein, Simon, okay?“

Karls Stimme klang gebrochen. Simon ahnte, was los war.

„Das wollte ich nicht, Karl!“


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